Das seit 1895 beliebte Ausflugsziel
Der Bismarckturm in Bad Freienwalde
Vorbemerkungen
Auf dem Burgfundament der Burg Malchow, gelegen auf dem Schlossberg in Bad Freienwalde, deren Fundamentmauern in den Jahren 1893/94 von Dr. Eduard Heller freigelegt wurden, wurde dieser Bismarckturm im Jahr 1895 an der Nordwestecke der alten Burgruine zwischen den freigelegten Fundamenten erbaut.
Bauplanung und Finanzierung
Angeregt wurde der Turmbau am 20.02.1894 in einem Schreiben an die Stadt von den fünf Vorstandsmitgliedern des Freienwalder Geschichtsvereins (Dr. Eduard Heller, Baurat Düsterhaupt, Direktor der Freienwalder Alaunwerksziegelei Busse, Oberlehrer Herrmann und Pastor Haase).
Am 21.01.1895 wurde der vom Freienwalder Geschichtsverein angeregte Bau eines Bismarckturmes durch den Magistrat genehmigt. Federführend waren die fünf Vorstandsmitgliedern de Freienwalder Geschichtsvereins (Dr. Eduard Heller, Baurat Düsterhaupt, Direktor der Freienwalder Alaunwerksziegelei Busse, Oberlehrer Herrmann und Pastor Haase).
Die Stadtbehörde verpflichtete sich im Februar 1895 dazu, die Hälfte der Einnahmen durch den Turm an den Geschichtsverein abzugeben.
Das aus dem Geschichtsverein heraus gegründete Turmbaukomitee finanzierte den 6.475 Mark teuren Turm über die Ausgabe von Anteilsscheinen zu mindestens 25 Mark bei 4% Zinsen. Zudem sollte die Resttilgung des Turmbaus aus Eintrittsgeldern und den Ausschank von Getränken erfolgen. Der nach Tilgung schuldenfreie Turm sollte dann an die Stadt Freienwalde übergeben werden.
Am 01.04.1895, dem 80. Geburtstag von Bismarck, wurde in Anwesenheit des Landrates und späteren Reichskanzlers Theobald von Bethmann-Hollweg im Rahmen einer Feier der Grundstein des Turmes gelegt. Der Grundstein wurde auf der Nordwestecke der alten Askanierburgruine zwischen freigelegten Fundamentmauern (1,10 m bis 1,40 m dick) gelegt.
Der Baubeginn verzögerte sich bis Mitte Mai 1895, da die benötigten Ziegel in der Alaunwerksziegelei erst gebrannt werden mussten.
Der Geschichtsverein steuerte letztendlich 300 Mark zur Schuldentilgung dazu, die Rest-Tilgung erfolgte ab dem 01.10.1896 durch eine Verlosung. Auf Rückzahlung der Anteilsscheine verzichteten die Groß-Spender
- Dr. Kunheim (Alaunwerk): 2.000 Mark
- Landrat von Bethmann-Hollweg: 100 Mark
- Oberlehrer Herrmann: 50 Mark
Das Bauwerk war erst ab dem 01.11.1911 komplett schuldenfrei (s.u.).
Bauarbeiten
Entworfen wurde dieses an einen mittelalterlichen Wehrturm erinnernde Bauwerk vom Architekten Milde aus Berlin, die Bauleitung übernahm Baurat Düsterhaupt. Die Maurerarbeiten wurden von Maurer- und Zimmermeister Emil Baeskow (beide Freienwalde) durchgeführt. Der Turm wurde vom Architekten dem "Charakter des alten Mauerwerks der Burg" angepasst.
Als Baumaterial dienten Feld- und Backsteine für den Sockel sowie Ziegelsteine "im mittelalterlichen Format" im oberen Bereich. Die harten Ziegel wurden von der Dampfziegelei und Thonwarenfabrik Kunheim & Co von Hugo Kunheim geliefert. Die Feldsteine befanden sich in großen Mengen im Schutt und im Burggraben der Schlossruine und wurden dem Komitee von der Stadt Freienwalde als städtische Beihilfe kostenlos überlassen.
Weitere beteiligte Handwerker und Firmen
Klempnerarbeiten: Firma C. Schulz, Freienwalde
Wetterfahne: Schlossermeister P. Hamann
Am 02.07.1895 hatte der Turm bereits über die Hälfte seiner Endhöhe erreicht. Der ursprünglich geplante Einweihungstermin am 02.09.1895 (Sedantag) konnte nicht eingehalten werden.
Turmbeschreibung (zur Zeit der Einweihung bis 1945)
Der 28 m hohe Aussichtsturm mit Befeuerungsmöglichkeit ist in einer mittelalterlichen Form gehalten. Der mit kleinen Erkern und mit steinernen Zinnen gekrönte Turm ragt wie ein alter Wartturm auf.
Der Ziegelbau des eigentlichen Rundturmes ruht auf einem quadratischen Feldsteinsockel, der aus Steinen der Ausgrabungen im Burghof errichtet worden ist.
Auf der dem Eingang gegenüberliegenden Seite schließt sich ein kleiner Anbau mit darüber liegender Terrasse an. Darüber erhebt sich ein runder Oberbau aus Backsteinen. Der Austritt auf die Plattform erfolgt durch ein Erkertürmchen, welche am 14.08.1895 mit einer Wetterfahne bekrönt wurde.
Der erhöht liegende Eingang war über 18 Außenstufen erreichbar. Eine Holztreppe mit 112 Innen-Stufen und mehreren Absätzen führte ursprünglich vom Turmeingang zur Zinnen-Aussichtsplattform (mit einem Durchmesser von ca. 4,00 m) in Höhe von 24,75 m.
Unterhalb der Zinnen wurden ein Bismarck-Wappen, das Uchtenhagensche Wappen, das Freienwalder Stadtwappen sowie der brandenburgische (askanische) Adler angebracht.
Auf dem Turmkopf wurde nachträglich ein Feuerkorb installiert. Für das Jahr 1904 wurde ein helllodernes Feuer auf dem Turmkopf (Bismarck-Bund) erwähnt. Auf einer Rechnung vom 01.07.1905 wurde beschrieben, dass Schlossermeister Carl Scheifler aus Freienwalde den Feuerwerkskorb abgenommen, dann um 20 cm erhöht und wieder aufgestellt hat (Kosten: 10,20 Mark). Die Befeuerung erfolgte durch Illuminationspech der Chemischen Fabrik Carl Netz aus Jena.
Turmgeschichte
1895-1905
Der Turm wurde kurz nach der Einweihung am 02.09.1895 an den Restaurantbesitzer ("Schweizerhaus") Wilhelm Reetz verpachtet. Im unteren Teil des Turmes wurden eine Küche und ein Vorratsraum für die Gastronomie geschaffen.
Die Einweihung des Turmes am 22.09.1895 entsprach eher einer reinen Freigabe ohne feierlichen Rahmen.
Ab dem 09.05.1896 wurden vom Geschichtsverein Ansichtskarten des Bismarckturmes, gefertigt (1.000 Stück) von C. Jacobsens Kunstanstalt (Paul Hoffmann) aus Altenburg.
Im Aufgang an der Westseite wurde im Jahr 1903 (als Geschenk von Baurat Düsterhaupt) eine Inschrifttafel aus Kupferblech angebracht:
19 03
DIESER BISMARCKTHURM
IST MIT BEIHILFE DER HERREN VON BETHMANN
=HOLLWEG JUN VON DAUN UND DR. KUNHEIM IM
JAHRE 1895 ERBAUT VON DEN FREIENWALDER
BUERGERN: DUESTERHAUPT DR. HELLER LEUTSCH
HERRMANN UND BUSSE
Eine geplante Feuervorrichtung wurde erst 1904 in Form eines Feuerkorbes realisiert (nach 1945 nicht mehr vorhanden).
Am 01.07.1905 wurde im Feuerkorb auf dem Turmkopf ein Feuer (67 kg Illuminationspech) entzündet.
1906-1950
Erst am 01.10.1910 konnten die letzten Darlehensscheine eingelöst werden, sodass der Turm am 01.01.1911 schuldenfrei in das Eigentum der Stadt überging. Das Eintrittsgeld betrug im Jahr 1914 zehn Pfennig pro Person.
Bis zum Zweiten Weltkrieg war der Bismarckturm ein beliebtes Ausflugsziel. Durch Artilleriebeschuss wurde das Bauwerk im Krieg beschädigt (zwei Einschusskrater).
1951-1981
Anfang der 1950er Jahre wurden die Schäden beseitigt. Der Bismarckturm wurde aus ideologischen Gründen in "Turm der Jugend" umbenannt.
Mitte der 1950er Jahre (nach anderen Angaben im Jahr 1981) stiftete Frau Margarete Franzke (Witwe eines Mechanikers) aus Freienwalde 25.000 Mark für die Instandhaltung des Turmes.
Bis Anfang der 1980er Jahre blieb der Turm ungenutzt und verfiel.
Am 24.08.1981 bildete sich ein Freundeskreis, der mit Hilfe von Spenden im Jahr 1985 eine neue eiserne Treppe einbauen sowie ein Notdach über der Aussichtsplattform anbringen ließ. Die Arbeiten wurde von der VEB Kranbau Eberswalde (ehem. Ardeltwerk) durchgeführt.
1982-heute
Der Anbau an der Westseite mit Terrasse fehlte im April 1990 vollständig, man gelangte ebenerdig durch einen türlosen Eingang in den Turm. Der ehemalige Austritt auf die nicht mehr vorhandene Terrasse war mit einem Gitter versperrt. Der Holzerker auf der Ostseite war nicht mehr vorhanden. Der Bismarckturm machte einen verwahrlosten Eindruck.
Der Bismarckturm wurde von Dezember 1991 bis 1994, gefördert vom Land Brandenburg, sukzessive saniert. Der Turmschaft wurde detailgetreu mit 6.000 originalgetreuen Ziegeln hergerichtet, die Wappen am Turm (Bismarck-Wappen, Freienwalder- und Uchtenhagener Wappen, Brandenburgischer Adler) wurden ebenfalls ersetzt. Zudem wurden der Seitenanbau und die Außentreppenanlage erneuert.
Am 13.08.1994 wurde das nun wieder in Bismarckturm zurückbenannte Bauwerk für den Besucherverkehr feierlich wiedereröffnet.
Die Inschrifttafel (diesmal aus Bronze) wurde 1995 erneuert und durch die folgenden Einträge erweitert:
1955 SPENDE VON FRAU FRANZKE
1992-1995 MIT LANDESFÖRDERUNG
TURMSANIERUNG IN ETAPPEN
Die Außentreppe wurde teilweise durch Ziegel ersetzt. Die Innentreppe wurde bei der Sanierung durch eine rechtsdrehende Holztreppe ausgetauscht. Über 113 hölzerne Stufen gelangt man zur oberen Aussichtsplattform.
Im Jahr 2003 bestiegen 1.500 Besucher den Bad Freienwalder Bismarckturm. In der Saison 2006 wurde das Bauwerk von 3.476 Besuchern besichtigt, in der Saison 2015 insgesamt 3.370 Besucher.
Öffnungszeiten [Stand 2024]:
Das Bauwerk ist vom 01. April bis 31. Oktober von 10:00 bis 17:00 Uhr geöffnet.
Eintrittspreise (Stand 2024):
Erwachsene: 4 €
Kinder: 2 €
Gruppenanmeldungen sind auch außerhalb der Öffnungszeiten beim Betreiber möglich.
Betreiber:
OKV-Oberbarnimer Kulturverein e.V., Tel.: 03344-332370 oder Tourist-Information Bad Freienwalde (Tel.: 03344-3402).
Links
Bismarckturm bei bad-freienwalde.de
Quellen
- Seele, Sieglinde: Lexikon der Bismarck-Denkmäler, Imhof-Verlag Petersberg, 2005, S. 153
- Seele, Sieglinde, Mannheim (Archiv Seele): BISMARCK-TURM von BAD FREIENWALDE (Brandenburg)
- Zeitschrift des Bismarck-Bundes; 2. Jahrgang 1904 (Nr. 5, S. 2), 8. Jahrgang 1910 (Nr. 10/11, S. 168)
- von Bismarck, Valentin: Bismarck-Feuersäulen u. Türme (unveröffentlichtes Manuskript); Nr. 5 "Bismarckturm bei Freienwalde/Oder", 1900 - 1915, 1937 (im Archiv der Burschenschaft Alemannia, Bonn)
- Pfeil, Ulrich: Schöne Aussichten - Die Bad Freienwalder Aussichtstürme und ihre Geschichte, Oberbarnimer Kulturverein e.V., Bad Freienwalde, undatierte Broschüre, S. 7-12
- Ehrhardt, Max: Bismarck im Denkmal des In- und Auslandes, Thüringische Verlags-Anstalt Eisenach-Leipzig, 1903: 2. Teil, Nr. 29: „Der Bismarckturm zu Freienwalde a. O.“
- Scheer, Regina: Der Umgang mit den Denkmälern - Eine Recherche in Brandenburg, Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung, 2003, S. 13-20
- Dr. Reinhard Schmook: "100 Jahre Bismarckturm" in Bad Freienwalder Heimatkalender, 39. Jg. 1995, S. 15-23
- Oberbarnimer Kreisblatt: Nr. 79 vom 03.04.1895, 17.10.1910; 18.09.1910; 20.09.1910; 21.09.1910; Nr. 76 vom 31.03.1925 (Julius Dörr: "Unser Bismarckturm")
- Gubener Zeitung: Nr. 220 vom 20.09.1910 (Beilage)
- Hinweise von Dr. med. Detlef Bihn aus Bad Freienwalde im Januar 2022
Fotografen
- Dr. Wolfgang Seele, Mannheim (April 1990, Juni 1996)
- Jörg Bielefeld, Leverkusen (August 2002)
- Helmut Otto, Bad Freienwalde (Mai 2003, Juli 2003, März 2012)
- Hans-Dieter Hirschmann, Haßloch (Juli 2017)
- Richy Oelke, Kelkheim (September 2023)
- Stephan Weinholz, Genthin (Mai 2024)
Übersichtskarte Standort Bismarckturm
Der genaue Standort ist über die Links zu Google Maps / Google Earth (s.o.) zu finden.
Bildergalerie Bismarckturm Bad Freienwalde
Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Bad Freienwalde 1912
Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Bad Freienwalde 1912
Foto Bismarckturm Bad Freienwalde mit Notdach und ohne Anbau April 1990
Foto Bismarckturm Bad Freienwalde Juni 1996
Foto Bismarckturm Bad Freienwalde Mai 2003
Foto Bismarckturm Bad Freienwalde August 2002
Foto Bismarckturm Bad Freienwalde (Detail) August 2002
Foto Bismarckturm Bad Freienwalde August 2002
Foto Bismarckturm Bad Freienwalde September 2023
Foto Bismarckturm Bad Freienwalde September 2023
Foto Bismarckturm Bad Freienwalde September 2023
Foto Turmkopf Bismarckturm Bad Freienwalde September 2023
Foto Treppenhaus Bismarckturm Bad Freienwalde September 2023
Foto Bismarckturm Bad Freienwalde Mai 2024
Foto Wappen Bismarckturm Bad Freienwalde Mai 2024
Foto Ausstieg Plattform Bismarckturm Bad Freienwalde Mai 2024
Foto Inschrifttafel Bismarckturm Bad Freienwalde Mai 2024
Foto Aussicht vom Bismarckturm Bad Freienwalde Mai 2024
Ansichtskartenmotive: Bismarckturm-Archiv Jörg Bielefeld, Leverkusen
Fotografien: Jörg Bielefeld, Leverkusen, ansonsten siehe jeweiliges Foto (Erlaubnis des Fotografen)
Copyright ©
www.bismarcktuerme.net | www.bismarcktuerme.de
(2001 - 2024)
Jörg Bielefeld, Leverkusen
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