Bismarckturm mit Waldgaststätte
Der Bismarckturm in Bad Lauterberg
Bauplanung
1894-1902
Bereits in den Jahren 1894/1895 wurde der Wunsch laut, auf dem 536 m hohen Kummel einen massiven Turm zu errichten. Der im Jahr 1847 von Oberförster Drechsel erbaute hölzerne Aussichtsturm in Form eines Pavillons war zu dieser Zeit bereits baufällig geworden.
Am 11.11.1902 wurde am Stammtisch im Hotel Langrehr in Bad Lauterberg eine Sammlung zum Bau eines Aussichtsturmes vorgeschlagen.
1903
Der Harzklub Zweigverein Lauterberg unter Vorsitz von Sanitätsrat Dr. med. August Tischmann trat am 20.10.1903 zusammen, um konkret über den Bau eines massiven Turmes auf dem Kummel zu beraten. Der marode hölzerne Kummelturm war zu dieser Zeit für Besucher gesperrt. Nach Gesprächen mit dem Forstfiskus (Eigentümer des Kummelturmes), welcher keinen neuen Turm errichten wollte, erteilte dieser dem Harzklub-Zweigverein die Erlaubnis für einen Neubau.
Die Baukosten für den Turm wurden auf 4.000 Mark veranschlagt. Das Kollegium des „Fleckens Lauterberg“ bewilligte einen Zuschuss von 750 Mark für den Turmbau, der massiv aus Stein und zu Ehren Bismarcks errichtet werden sollte.
Es bildete sich unter Vorsitz von Dr. Tischmann ein "Bauausschuss für den Bismarck-Turm".
Am 22.11.1903 betonte Dr. Tischmann in einer Versammlung des Harzklub-Zweigvereins im Hotel "Curhaus" die Notwendigkeit der Errichtung des Bismarckturmes, der auf dem Kummel eine hervorragende Fernsicht bietet. Zudem teilte er mit, dass durch seine private Sammlung bisher 1.085 Mark an Spenden für das Bauwerk zusammengekommen waren. Der Bauplatz des Turmes wurde in der Sitzung diskutiert, der Hausberg als Bauplatz (da näher an Lauterberg) wurde nach interner Diskussion mit Hinweis auf die weite Sichtbarkeit der Befeuerung letztendlich verworfen. Der neue Turm sollte genau auf der Stelle errichtet werden, wo der alte Kummelturm stand. Auf der Sitzung wurde zudem beschlossen, den Bismarckturm im Namen des Harzklubs-Zweigvereins Lauterberg zu übernehmen und beim Harzklub einen Beitrag zum Baufonds zu beantragen.
Zum Besten des Baufonds wurden auch Ansichtskartenmotive des Bauwerks verkauft.
1904
Bis Anfang 1904 waren 4.093,32 Mark an Spenden gesammelt worden.
Am So., 10.04.1904 ab 16:30 Uhr wurde die Grundsteinlegung unter großer Anteilnahme der Bevölkerung durchgeführt. Die Lauterberger Kapelle spielte zum Auftakt einen Choral. Bürgermeister von Ernsthausen sprach mit Hinweis auf die patriotische Feier das Kaiserhoch auf Wilhelm II, anschließend wurde die Nationalhymne gespielt.
Dr. Tischmann verlas den Text der Grundsteinurkunde (Baugeschichte des Turmes), die anschließend zusammen mit anderen Gegenständen (u.a. Spendenaufruf, Sammellisten, Bauzeichnung) in eine Kupferkapsel gelegt wurde. Anschließend wurden von Dr. Tischmann und weiteren Personen die obligatorischen drei Hammerschläge durchgeführt.
Die Gesamtkosten von 7.250 Mark für den Turmbau wurden durch freiwillige Beiträge und mehrere Spendensammlungen finanziert.
Bauarbeiten
Der Turm wurde nach einem Entwurf von Maurermeister Kothe aus Bad Lauterberg aus Porphyr- und Ziegelsteinen erbaut. Die benötigten Porphyrsteine wurden in unmittelbarer Nähe des Bauwerkes gebrochen. Für die Verzierung und die Bekrönung des Turmes wurden rote Ziegelsteine verwendet.
Die Ausführung der Bauarbeiten übernahm Maurermeister Walter Nagel aus Bad Lauterberg. Die Schlosserarbeiten führte Schlossermeister Rotschuh durch.
Nach drei Monaten Bauzeit war der Turm vollendet.
Turmbeschreibung
Der 15 m hohe Aussichtsturm mit Befeuerungsmöglichkeit hat einen quadratischen Grundriss von 6,00 m x 6,00 m. Das Bauwerk gliedert sich in drei jeweils etwa 5 m hohe Elemente.
Erdgeschoss
Über eine Freitreppe mit drei Stufen ist die Eingangsebene auf der Westseite oberhalb einer 0,50 m hohen Podeststufe zu erreichen. Das Eingangsportal ist seitlich mit leicht hervorstehenden Ziegelsteinen mit jeweils drei seitlichen Aussparungen verziert. Im Giebel des Portals enden diese Außenverzierungen in drei dachartigen Spitzen in Form eines Dreizacks. Durch eine Metalltür gelangt man ins Innere des Turmes.
Das 5 m hohe Erdgeschoss verjüngt sich leicht nach oben hin und ist mittels einer schmalen dreifachen Stufung (Ziegelsteinbänder) optisch vom Mittelgeschoss getrennt.
Mittelgeschoss
Das 5 m hohe Mittelgeschoss verläuft in leicht bikonkaver Krümmung nach oben. Als Schmuckelement wurde auf der Eingangsseite mittig ein bronzenes Bismarck-Relief (1,40 m hoch, 0,80 m breit, gefertigt in der Bronzegießerei von Gladenbeck in Berlin-Friedrichshagen) angebracht.
Das Mittelgeschoss schließt mittels einer dreifachen Stufung und einem Fries nach oben hin ab.
Aussichtsgeschoss
Das Aussichtsgeschoss verläuft ebenfalls in leicht konkaver Krümmung nach oben.
Der Turmschaft kragt in etwa 13,50 m Höhe oberhalb eines Frieses aus (Zinnenbrüstung). In Höhe von 12,50 m ist ein schmaler Fensterschlitz im Turmschaft eingelassen.
Über 60 Steinstufen und eine 11-stufige Wendeltreppe aus Eisen gelangt man zur Aussichtsplattform mit einer Grundfläche von 4,00 m x 4,00 m. Der Ausstieg liegt in der Mitte der Plattform.
Auf der Aussichtsplattform wurden schmiedeeiserne Feuerpfannen mit Seitenlänge von 1,50 m installiert. Die Kosten dafür betrugen 80 Mark. Befeuert wurde der Turm mit Kieselgur, welches mit Petroleum und Benzin zu gleichen Teilen vermischt wurde. Die Brenndauer betrug eine Stunde bei einer Flammenhöhe von 3-5 m.
Turmgeschichte
1904-1938
Die Einweihungsfeier fand am 19.07.1904 ab 15:30 Uhr auf dem Kummel statt. Zu diesem Zweck waren neue Fahr- und Forstwege (auch für Pferdekutschen passierbar) angelegt worden. Bänke waren aufgestellt worden und Erfrischungen wurden gereicht.
Nach einem Musikvortrag der Lauterberger Kurkapelle begrüßte Bürgermeister Carl Ernst von Ernsthausen die Festteilnehmer von den Stufen des Turmeingangs und hielt eine Ansprache, Die Festrede von Dr. Tischmann schloss sich an. Hierbei betonte er, dass noch weitere Sammlungen erfolgen müssen, um die Gesamtkosten von ca. 7.000 Mark decken zu können.
Danach erfolgte die Turmbesteigung in Gruppen zu je zwanzig Personen. Um 19:00 Uhr nahmen 40 Personen an einem Festessen im Hotel Langrehr teil. Nach Eintritt der Dunkelheit wurde das erste Feuer auf dem Turmkopf entzündet.
Um die Öffnung des Turmes kümmerte sich ein Turmwächter, der auch das Eintrittsgeld erhob.
Die Besteigung des Turmes kostete im Jahr 1904 insgesamt 10 Pfennig.
Seit dem 28.08.1938 wurde rechts vom Eingang eine Gedenktafel in Bronze mit Inschrift für den im Jahre 1914 verstorbenen Dr. August Tischmann enthüllt (heute ist die Gedenktafel links vom Eingang angebracht). Die Gedenktafel wurde nach dem Entwurf der Tochter des Verstorbenen, Elisabeth Tischmann, in Berlin aus Bronze gegossen und trägt zwei Inschriften.
1939-1987
In den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs nutzten deutsche Soldaten den Turm als Beobachtungsposten. Dem Gastwirt der Kummelbaude, A. Müller, gelang es, den Amerikanern eine Sprengung des Bismarckturmes auszureden. Zudem versteckte er deutsche Soldaten im Turm.
Unmittelbar nach dem Krieg verwüsteten Fremdarbeiter, u.a. aus Lagern frei gelassene Russen, die Umgebung des Turmes. Die Feuerpfannen wurden vor Juni 1987 entfernt.
Zwischen 1984 und Juni 1987 brannte die Kummelbaude („Gaststätte Bismarckturm“) aus. Im Juni 1987 war der Bismarckturm verschlossen.
1988-2016
Der Turm wurde ca. im Jahre 2000 saniert. Der Giebel des Eingangsportals sowie die dreifachen Stufungen zwischen den Bauelementen wurden bei dieser Maßnahme durch Metallbänder abgedeckt.
Im Juli 2004 wurde der Bismarckturm in Bad Lauterberg 100 Jahre alt. Am 17.07.2004 veranstaltete der Harzklub-Zweigverein Bad Lauterberg ein Jubiläumsfest. Zum Jubiläum wurde eine Erinnerungsmünze in drei verschiedenen Güteklassen herausgegeben.
Links im Turm am Eingang wurde eine Tafel mit folgender Inschrift eingelassen:
BISMARCKTURM
Erbaut vom Harzklub-Zweig-
verein Bad Lauterberg 1904
Höhe über NN 536 m
Turmhöhe 15 m
Eigentümer des Turmes ist der Harzklub-Zweigverein Bad Lauterberg im Harz.
2017 bis heute
Im Dezember 2017 wurden Sanierungsschäden durch ins Mauerwerk eindringende Feuchtigkeit festgestellt. Teile des äußeren Mauerwerks waren lose. Die Kosten der Sanierung wurden zunächst auf 250.000 EURO geschätzt.
Der Harzklub-Zweigverein Bad Lauterberg plante im Jahr 2018 mehrere Spendenaktionen, um die Kosten für die Sanierung aufbringen zu können.
Im Januar 2020 wurde ein Gutachten für die Sanierung beauftragt. Nach diesem im Juni 2020 vorliegenden Gutachten soll die Turmsanierung rund 400.000 €. kosten (im Juni 2023 wurden die Sanierungskosten mit 560.000 € beziffert).
Im Jahr 2022 wurde durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz eine Fördersumme von 100.000 Euro zugesagt. Bis 2023 kamen durch Sammelaktionen bereits rund 50.000 € zusammen.
Die Sanierung war für 2023 oder später avisiert.
Im Juni 2023 wurde bekannt, dass der Bismarckturm Bad Lauterberg mit 197.956,33 Euro aus dem Denkmalschutz-Sonderprogramm XII des Bundes gefördert wird.
Trivia
Sanitätsrat Dr. med August Tischmann, seit dem 14.03.1899 Vorsitzender des Harzklubs förderte nicht nur den Bau des Bismarckturmes, sondern auch den Neubau des Knollenturmes als Aussichtsturm auf dem Großen Knollen bei Bad Lauterberg. Am 19.07.1904 wurde der Bismarckturm und am 22.08.1904 der Knollenturm eingeweiht.
Öffnungszeiten (Stand: August 2024)
Turm geschlossen, Gaststätte zu bestimmten Zeiten geöffnet (siehe Link unten)
Links
Koordinaten und Kartenmaterial
Waldgaststätte Bismarckturm Bad Lauterberg
Bismarckturm Bad Lauterberg (Netzseite Harzklub)
Quellen
- Seele, Sieglinde: Lexikon der Bismarck-Denkmäler, Imhof-Verlag Petersberg, 2005, S. 244-245
- Seele, Sieglinde, Mannheim (Archiv Seele): BISMARCK-TURM von BAD LAUTERBERG (Niedersachsen)
- von Bismarck, Valentin: Bismarck-Feuersäulen u. Türme (unveröffentlichtes Manuskript); Nr. 103 "Bismarck-Feuersäule bei Bad Lauterberg-Harz", 1900 - 1915, 1937 (im Archiv der Burschenschaft Alemannia, Bonn)
- Zeitschriften des Bismarck-Bundes: 2. Jahrgang 1904 (Nr. 6, S. 3; Nr. 9, S. 2 u. Nr. 11-12, S. 9); 5. Jahrgang 1907 (Beilage: „Die Bismarck-Feuersäule“)
- Quedlinburger Kreisblatt: 15.04.1904 (Beilage); 24.07.1904
- Bad Lauterberger Tageblatt: 06.09.1938
- Lornatus, Erich: Festschrift 1904 - 1984 - Gaststätte Bismarckturm - Streifzug durch die Geschichte, ohne Verlag, Bad Lauterberg 1984
Fotografen
- Jörg Bielefeld, Leverkusen (März 2001)
- Ralph Männchen, Dresden (Oktober 2005)
- Albrecht Behrends, Bochum (April 2011)
- Hans-Dieter Hirschmann, Haßloch (Juni 2020)
Übersichtskarte Standort Bismarckturm
Der genaue Standort ist über die Links zu Google Maps / Google Earth (s.o.) zu finden.
Bildergalerie Bismarckturm Bad Lauterberg
Foto Bismarckturm Bad Lauterberg März 2001
Foto Bismarckturm Bad Lauterberg März 2001
Ansichtskartenmotive: Bismarckturm-Archiv Jörg Bielefeld, Leverkusen
Fotografien: Jörg Bielefeld, Leverkusen, ansonsten siehe jeweiliges Foto (Erlaubnis des Fotografen)
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Jörg Bielefeld, Leverkusen
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