Würzburg

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Würzburg undatiert

Standort

Auf der Höhe




Datenblatt


Höhe: 15 m

Kosten: 19.000 Mark

Grundsteinlegung: 01.04.1905

Einweihung: 02.07.1905

Foto Bismarckturm Würzburg Mai 2016

Bismarckturm nach Prinzregentendenkmal
Der Bismarckturm in Würzburg


Vorbemerkung

Würzburg als Bischofssitz war im Jahr 1905 eine stark katholisch geprägte Stadt, insgesamt 77,4% der Einwohner waren katholischen Glaubens. Es mag verwundern, dass vor dem Hintergrund des Kulturkampfes im Deutschen Reich (Otto von Bismarck setzte als Reichskanzler nach 1871 mehrere Gesetze und Anordungen durch, die gegen die katholische Kirche gerichtet waren) ein Bismarckturm errichtet wurde.

Doch auch in Würzburg wurde der 70. und besonders der 80. Geburtstag Bismarcks (1885 und 1895)- gefördert vom Nationalliberalen Verein - im großen Rahmen gefeiert.


Bauplanung

Die Anregung zum Bau dieses Bismarckturmes erfolgte kurz nach dem Tode Otto von Bismarcks durch (Universitäts-)Professor Dr. med. Oskar Schultze. Dieser gründete unter seinem Vorsitz ein Komitee zur Errichtung einer Bismarck-Feuersäule in Würzburg.

Am 23.02.1899 erschien im Würzburger General-Anzeiger ein Aufruf zur Errichtung eines Bismarckturmes durch dieses Komitee, welcher sich an die gesamte Einwohnerschaft Würzburgs und Umgebung wandte.


Dem Komitee gehörten neben Universitäts-Prof. Dr. Oskar Schultze (Protestant) folgende Mitglieder an: 
- Augenfacharzt Dr. Adam Bäuerlein (Katholik)

- Direktor Heinrick Bock (Glaubensrichtung unbekannt)
- Kaufmann Georg Geiger (Protestant)

- Kgl. Hoflieferant Valentin Alois Fischer (Katholik)

- Spenglermeister Josef Mayer (Glaubensrichtung unbekannt)

- Architekt Franz Ostberg (Katholik)

- Dr. med. Philipp Rösgen (Katholik)

- Universitätsrektor Prof. Dr. Friedrich Schollmeyer (Protestant)

- Prof. Dr. Otto Seifert (Protestant)

- 1. Bürgermeister Hofrat Dr. Johann Georg von Steidle (Katholik)

- Universitäts-Prof. Dr. Philipp Stöhr (Katholik)
Von den zwölf Mitgliedern des Komitees war mindestens die Hälfte katholischen Glaubens. Außer Rektor Schollmeyer waren alle  auch Mitglieder des Verschönerungsvereins Würzburg (VVW).


Auch die örtliche Studentenschaft gründete am 01.04.1899 einen Ausschuss zur Errichtung einer Bismarcksäule in Würzburg, welcher sich wegen Interessenlosigkeit im November 1899 wieder auflöste. Die gesammelten Gelder des Studentenausschusses (100 Mark) wurden an das Bismarcksäulen-Komitee übergeben.


Nach kurzer Zeit waren bei den durch das Komitee initiierten Spendensammlungen „ermutigende“ Ergebnisse erzielt worden. Am 18.06.1899 war der Baufonds bereits auf 5.200 Mark angewachen.

Zur weiteren Gewinnung von Spenden wurden mehrere Konzerte im Platz'schen Garten und an anderen Orten "zugunsten des Bismarcksäulenfonds" abgehalten.

Die Spendenzahlungen wurden in der Folgezeit spärlicher, bis Mai 1901 betrug die Gesamtsumme lediglich 6.000 Mark.


Auch in Würzburg wählte man den preisgekrönten Entwurf "Götterdämmerung" des Architekten Wilhelm Kreis zur Ausführung aus.

Als Standort einigte man sich auf den Steinberg im Norden von Würzburg, ca. 1.700 m von der Innenstadt entfernt, da dies die einzige unbebaute Anhöhe war, die von der Stadt aus gut zu sehen war. Der örtliche Verschönerungsverein Würzburg stellte den Bauplatz für  den Turm kostenlos zur Verfügung.

Die Stadtverwaltung bezuschusste den Plan zur Errichtung der Bismarcksäule im Mai 1901 mit 500 Mark. Als zur gleichen Zeit auch der Plan zur Errichtung eines Prinzregenten-Denkmals bekannt wurde, wurde beschlossen, mit dem Bau der Bismarcksäule bis nach Errichtung des Prinzregenten-Denkmals östlich des Bahnhofsvorplatzes (wurde am 08.07.1903 enthüllt) zu warten.


Im November 1904 wurde eine hölzerne Schablone der Säule aufgestellt, um die Fernwirkung sowie die Sichtbarkeit des Turmes von der Stadt aus zu testen. Nach der diesbezüglichen Prüfung wählte man ein etwas höhere Erhebung für den Bauplatz des Turmes.

Die Baukosten für die Säule betrugen letztendlich etwa 19.000 Mark.


Bauarbeiten

Die Bauarbeiten für die Säule begannen Anfang 1905. Nach Beendigung der Fundamentierungsarbeiten wurde am 01.04.1905 der Grundstein der „Ersten Bismarcksäule in Franken“ gelegt.  Zu diesem Anlass war der Festplatz mit verschiedenen Flaggen geschmückt. Zahlreiche Bismarckfreunde, Mitglieder des Komitees und Studenten nahmen an der Grundsteinlegung teil. Die Festrede hielt Prof. Dr. Schultze.

Danach wurde die Urkunde in eine Kupferkapsel gelegt. Diese wurde verschlossen und in den Grundstein eingemauert.


Ausgeführt wurden die Bauarbeiten vom Kommerzienrat und Baumeister J. E. Weber und Architekt Franz Ostberg, beide aus Würzburg. Das Reichsadlerrelief wurde von Bildhauer Arthur Schleglmünig aus Würzburg gefertigt.

Als Baumaterial wählte man Fränkischen Muschelkalkstein, der aus den Steinbrüchen von Randersacker, Eibelstadt und Sommerhausen bei Würzburg stammte.

Innerhalb von drei Monaten konnten die Bauarbeiten beendet werden. Die geplante Einweihung musste jedoch aus Zeitgründen vom 24.06.1905 auf den 02.07.1905 verlegt werden.


Turmbeschreibung

Die Bismarckturm wurde als Feuersäule und Aussichtsturm errichtet.

Das Bauwerk wurde auf einem in Südrichtung aufgeschütteten Plateau erbaut. Links und rechtsseitig ist das Plateau über jeweils 11 Stufen erreichbar.

Als Basis des 15 m hohen Turmes dient ein 0,72 m hoher Unterbau (Podeststufe) mit einer Grundfläche von 8,80 m x 8,80 m.

Die Eingangstür (1,15 m x 2,12 m) liegt im Süden des Turmes und ist über drei 2,55 m breite Stufen (Stufe 1: 0,30 m / Stufe 2: 0,22 m / Stufe 3: 0,20 m hoch), die auf die Podeststufe führen, erreichbar.

Oberhalb der Podeststufe erhebt sich der 6,60 m x 6,60 m breite und 1,39 m hohe Sockel des Turmes mit dem hervorstehenden Eingangsportal (2,25 m x 2,83 m) auf der Südseite.

Der Turmschaft (5,56 m x 5,56 m) erhebt sich auf dem Sockel der Bismarcksäule.

Oberhalb des Portals mittig des Turmschaftes ist als einziger Schmuck ein Reichsadlerrelief (mit der Schlange der Zwietracht) angebracht.

Die vier Kanten des Schaftes bestehen - wie bei dem Entwurf "Götterdämmerung" typisch - aus Dreiviertelsäulen, die von einem Architrav mit dreistufigem Oberbau zusammengehalten werden.

Die Nord- und Westseite weisen einen Fensterschlitz auf, auf der Nordseite in halber Höhe, auf der Westseite im oberen Drittel.

Auf dem Turmkopf wurde eine gusseiserne achteckige Feuerschale, gefertigt von der Firma von Wiek in Eisenach, mit einem Durchmesser von 2,50 m angebracht.

Über eine steinerne Wendeltreppe und abschließend eine eiserne Wendeltreppe ist die Plattform des Bauwerkes erreichbar.

Vor dem Turm wurde ein 3,00 m x 3,10 m großer U-förmiger Feueraltar installiert, welcher von drei Seiten mit einer 1,10 m hohen und 0,40 – 0,47 m dicken Brüstung versehen ist. Zwei Stufen (0,15 m + 0,17 m) führen zur Innenfläche des Feueraltars.


Turmgeschichte

1905

Am Sonntag, 02.07.1905 um 11:00 Uhr wurde die Einweihung des Bismarckturmes unter großer Beteiligung der Bevölkerung, der Komitee-Mitglieder, der beiden Bürgermeister, Vertreter des Stadtmagistrats und des Gemeindebevollmächtigtenkollegiums, Offizieren, Professoren, Abordnungen von Krieger-, Turn- und Gesangsvereinen mit Fahnen sowie aller studentischen Korporationen (auch der katholischen Korporationen) vorgenommen.

Die Kapelle des 9. Infanterie-Regiments eröffnete den Festakt am Turm.

Die Festrede hielt erneut Prof. Dr. Schultze, danach wurde die Säule an die Stadt Würzburg übergeben. Bürgermeister und Kgl. Hofrat 

Philipp Ritter von Michel (1845 – 1922) übernahm das Bauwerk in Namen der Stadt mit einem dreifachen Hoch auf den Prinzregenten.

Am 03.07.1905 zog die Studentenschaft in den Abendstunden erstmals mit Fackeln zum Turm.

Der Jungdeutsche Bund veranstaltete anlässlich des 7. Todestages von Otto von Bismarck (30.07.1905) eine Bismarckfeier am Turm.


1906-1914

Am 30.07.1908, zum 10. Todestag Bismarcks, wurde erneut des verstorbenen Reichskanzlers im Rahmen einer Feier am Turm gedacht. Acht lokale Vereine hatten alle Mitglieder sowie alle national Gesinnten über die Zeitung dazu eingeladen. Die Feuerschale wurde in den Abendstunden entzündet. Um 21:00 Uhr hielt Direktor Dr. Friedrich Fick eine Festrede am Turm.

Die Studentenschaft nutzte den Bismackturm zunächst als zentralen Gedenkort für Bismarckhuldigungen. Bis 1914 zogen die Studenten jeweils am 24.06. mit Fackeln zum Turm. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Bauwerk nicht mehr für Bismarckfeiern der Studenten genutzt, obwohl studentische Bismarckfeiern nachweislich bis 1928 in Würzburg stattfanden.


1915-1986

Bis in die 1960er Jahre war die Plattform des Turmes zugänglich. Anschließend wurde eine massive Metalltür im Eingangsportal eingesetzt.

Im Juni 1986 war die Eingangstür verschlossen, auf dem Architrav war Pflanzenwuchs zu sehen.


1987 bis heute

Der Turm und die Anlage davor sind seit Jahrzehnten in einem stark sanierungsbedürftigen Zustand. Die Treppenanlage ist baufällig, die metallene Feuerschale ist rundum stark korrodiert und weist Löcher auf.

Im September 2013 wurde das Bauwerk einmalig am Tag des offenen Denkmals für Besucher geöffnet.


Heute liegt der Würzburger Bismarckturm im Naturdenkmal "Steinbergsanlagen am Bismarckturm", auch Bismarckwäldchen genannt. Es handelt sich um den Naherholungsbereich im Stadtteil Grombühl zwischen Reußenweg und dem Mittleren Schalksbergweg.


Öffnungszeiten (Stand: Juni 2024)

Der Bismarckturm ist seit den 1970er Jahren dauerhaft für Besucher verschlossen.


Links

Google Maps

Koordinaten und Kartendienste

Würzburg Wiki (Innenaufnahmen vom Tag des offenen Denkmals 2013)


Quellen

- Seele, Sieglinde: Lexikon der Bismarck-Denkmäler, Imhof-Verlag Petersberg, 2005, S. 414
- Seele, Sieglinde, Mannheim (Archiv Seele): BISMARCK-TURM von WÜRZBURG (Bayern)
- von Bismarck, Valentin: Bismarck-Feuersäulen u. Türme (unveröffentlichtes Manuskript); Nr. 117 "Bismarck-Feuersäule bei Würzburg", 1900 - 1915, 1937 (im Archiv der Burschenschaft Alemannia, Bonn)
- Zeitschrift des Bismarck-Bundes: 3. Jahrgang 1905 (Nr. 2, S. 6; Nr. 5, S. 6; Nr. 8, S. 9; Nr. 11, S. 10), 5. Jahrgang 1907 (Beilage: „Die Bismarck-Feuersäule“)

- Matthias Meyer: "Bismarckkult in Würzburg", Mainfränkische Hefte (edition vulpes), Heft 110, 2012, Würzburg,

- Akademische Blätter, Zeitschrift des Kyffhäuser-Verbandes der Vereine Deutscher Studenten, 14. Jg., Nr. 20, Berlin vom 16.01.1900, S. 303

- Deutsche Bauzeitung: 38. Jg., Nr. 93 vom 19.11.1904, S. 580

- Würzburger Generalanzeiger vom 01.04.1905

- Kölnische Zeitung: Nr. 346 vom 03.04.1905

- Fränkisches Volksblatt vom 03.07.1905

- Bismarckturm-Maße: Jörg Bielefeld (Mai 2016), ohne Gewähr
 

Fotos

- Jörg Bielefeld, Leverkusen (Mai 2003, Mai 2016)
- Lars Lenzner, Hückeswagen (Juni 2012)

- Christian Gerloff, Jena (Februar 2013)

- Richy Oelke, Kelkheim (April 2018)

Bildergalerie Bismarckturm Würzburg

Ansichtskartenmotiv Einweihung Bismarckturm Würzburg 1905

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Würzburg 1910

Foto Bismarckturm Würzburg undatiert

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Würzburg 1908

Foto Bismarckturm Würzburg undatiert um 1912

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Würzburg undatiert

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Würzburg (Zeichnung) 1905

Foto Bismarckturm Würzburg Mai 2016

Foto Bismarckturm Würzburg März 2008

Foto Bismarckturm Würzburg Juni 2012

Foto Reichsadlerrelief Bismarckturm Würzburg Juni 2012

Foto Bismarckturm Würzburg März 2008

Foto Bismarckturm Würzburg Februar 2013

Foto Bismarckturm Würzburg März 2008

Foto Bismarckturm Würzburg April 2018

Foto Bismarckturm Würzburg April 2018

Foto Bismarckturm Würzburg April 2018

Ansichtskartenmotive: Bismarckturm-Archiv Jörg Bielefeld, Leverkusen

Fotografien: Jörg Bielefeld, Leverkusen, ansonsten siehe jeweiliges Foto (Erlaubnis des Fotografen)

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