Höchster Bismarckturm in Rheinland-Pfalz
Der Bismarckturm in Kallstadt bei Bad Dürkheim
Vorbemerkung
Der Bismarckturm Bad Dürkheim steht auf dem Peterskopf, auf dem Gebiet der Stadt Kallstadt, einer Exklave im Pfälzerwald am Rande von Bad Dürkheim.
Bauplanung
Bereits am 28.08.1865 regte ein Bürger durch eine Einsendung an den „Anzeiger“ den Bau eines Aussichtsturmes auf dem Peterskopf bei Bad Dürkheim an.
1896-1897
Auf einer Sitzung des Drachenfelsclub-Verschönerungsvereins für Bad Dürkheim und Umgebung e.V. (DVVD) am 23.04.1896 entstand die Idee, einen Aussichtsturm zu Bismarcks Ehren zu errichten. Auf Anregung des DVVD wurde ein Bismarckturm-Ausschuss gebildet. Der Ausschuss unter Vorsitz des Weingutbesitzers Karl Schaefer bestand aus insgesamt elf Personen.
Bereits im Jahr 1897 wurde mit dem Sammeln von Spendengeldern für das geplante Bauwerk begonnen.
Auf einer Ausschusssitzung am 05.02.1897 wurde beschlossen, dass der Verschönerungsverein nach erfolgter Zustimmung auf der Generalversammlung den Bau eines Turmes einleiten soll. Man plante einen 15-20 m hohen Aussichtsturm mit Schutzhütte oder Halle.
Am 23.11.1897 wurde ein Spendenaufruf in der Zeitung veröffentlicht. Die Gemeinde Kallstadt mit Bürgermeister H. Schwan und Adjutant Eduard Schuster stellte dem DVVD einen kreisrunden Bauplatz mit einer Fläche von 2.500 m² auf dem Peterskopf (497 m ü. NN) kostenlos zur Verfügung. Der Standort des Turmes wurde zu Probezwecken mit einer 17 m hohen Stange versehen.
Bis Ende 1897 waren bereits 1.000 Mark an Spendengeldern zusammengekommen. Der Ausschuss plante, acht Jahre lang Geldmittel für den Turmbau zu sammeln, um das Projekt realisieren zu können.
1898-1900
Am 12.08.1898, nur wenige Tage nach dem Tode Otto von Bismarcks, beschloss der Ausschuss, das Turmbauprojekt zu forcieren. Im September 1898 wurde ein Spendenaufruf in Form eines Rundbriefs verschickt. Im Dezember 1898 wurde in einer Lokalzeitung zu weiteren Spenden aufgerufen.
Bis zum 28.11.1899 waren 13.300 Mark an Spenden gezeichnet. Insgesamt hatten sich 650 Spender beteiligt. Alle „baukunstsachverständigen Bismarckfreunde“ wurden gebeten, Projekte und Skizzen mit Kostenvoranschlägen für den geplanten Turm einzureichen.
1901
Im Jahr 1901 wurde in der Deutschen Bauzeitung offiziell ein Architektenwettbewerb für einen Bismarckturm ohne Befeuerungsvorrichtung ausgeschrieben. Auf eine Befeuerung wollte man wegen der drohenden Waldbrandgefahr verzichten.
Insgesamt gingen siebzig Entwürfe ein. Der Architekt Friedrich (Fritz) Kunst aus Karlsruhe erzielte mit seinem Entwurf den 1. Preis, welcher mit 400 Mark dotiert war, und der mit einem Kostenaschlag von 30.000 Mark auch zur Ausführung bestimmt wurde. Der 2. Preis (mit 300 Mark dotiert) ging an Architekt Leinbruck aus Halle an der Saale, der 3. Preis (200 Mark) an Architekt Kranz aus Charlottenburg und der 4. Preis (100 Mark) an Architekt Rudolf Vogel aus Hannover.
1902
Im Sommer 1902 bezuschusste die bayerische Regierung den Turmbau mit 3.000 Mark, da sie den Turm als trigonometrischen Messpunkt nutzen wollte. Im September 1902 fehlten noch 5.000 Mark an den Gesamtbaukosten. Zu dieser Zeit wurde eine erste Ansichtskarte zum Preis von 20 Pfennig zum Besten des Baufonds in den Verkauf genommen.
Der Ausschuss schrieb die umliegenden Städte an und bat um Spenden. Das Anliegen wurde von der Stadt Heidelberg am 17.10.1902 abgelehnt.
Die Gesamtkosten für den Turmbau betrugen 33.000 Mark, die durch Spenden von Privatleuten, der Stadt Dürkheim sowie dem bayerischen Staat (die Pfalz gehörte zu dieser Zeit zu Bayern) aufgebracht wurden.
Auf die Anbringung einer Feuerpfanne auf dem Turmkopf wurde verzichtet. Eigentümer des Turmes ist der Drachenfels-Club - Verschönerungsverein für Bad Dürkheim und Umgebung e.V.
Bauarbeiten
Im Februar 1902 wurde das Baugebiet auf dem Peterskopf abgesteckt und die Fundamentierungsarbeiten begannen. Zu dieser Zeit war das notwendige Baumaterial beschafft und mit Fuhrwerken angefahren worden. Die Steine wurden in unmittelbarer Nähe des Bauplatzes gebrochen.
Als Baumaterial wurde roter Sandstein vom Peterskopf verwendet. Der Baukalk wurde unentgeltlich in Kallstadt gebrannt, das für den Bau benötigte Wasser wurde dem nahegelegenen Geiersbrunnen entnommen.
Die Bausteine wurden mit Flaschenzügen nach oben gebracht.
Die Bauleitung übernahm Architekt Friedrich Kunst aus Karlsruhe, die Bauausführung erfolgte durch die Baumeister Joseph und Johann Berger, Ludwig und Johann Diehl sowie Steinmaurermeister Stork (alle aus Hardenburg).
Weitere beteiligte Handwerker
Schlossermeister Karl Walther aus Dürkheim (Blitzableiter-Anlage)
Kupferschmiedemeister C. Schrank aus Dürkheim (Turmkugel)
Im Sommer 1902 wurden die Bauarbeiten unterbrochen, damit dem bereits errichteten Baukörper Ruhe zur Setzung gegeben werden konnte.
Am 23.09.1902 wurde das Richtfest gefeiert, dabei wurde der letzte, oberste Stein der Turmspitze eingesetzt und mit einer kupfernen Kugel bekrönt, in welcher ein Urkunde über die Geschichte des Bauwerkes eingelagert wurde.
Die Bauarbeiten konnten Mitte 1903 abgeschlossen werden.
Turmbeschreibung
Der 36 m hohe Aussichtsturm ohne Befeuerungsvorrichtung hat eine Grundfläche von 16,70 m x 14,00 m. Das monumentale Bauwerk wurde im neoromanischen Burgenstil errichtet und weist einige Jugendstil-Elemente auf.
Der Turm lässt sich in drei Teile gliedern:
Unterbau mit 1. Terrasse
Von der Westseite aus ist das Bauwerk über eine vorgelegte 14-stufige Treppe zu besteigen, von deren Ende rechts und links Treppen mit jeweils 14 Stufen zur ersten Aussichtsplattform führen.
Oberhalb der 14-stufigen Treppe ist in etwa 5 m Höhe mittig am Turm ein Bismarck-Medaillon aus Bronze mit einem Durchmesser von 1,20 m angebracht (Hersteller: Galvanoplastische Kunstanstalt Geislingen, Kosten: 650 Mark).
Über weitere zwanzig Treppenstufen gelangt man zur Aussichtsterrasse in 9,40 m Höhe.
Der breite und massive Unterbau besitzt auf der Ostseite ein der Ebene zugekehrtes Schutzgewölbe sowie eine geräumige Terrasse.
Von dieser Seite aus öffnet sich der Turm mit einem großen Triumphbogen mit der Inschrift
DEM GROSSEN DEUTSCHEN.
Oberhalb der Inschrift ist rechterhand das Wappen der Gemeinde Kallstadt, linkerhand das Wappen der Stadt Dürkheim am Unterbau angebracht.
Über eine breite Freitreppe mit fünf Stufen, die seitlich mit Mauer und Eckpfosten begrenzt ist, gelangt man in eine offene Vorhalle mit drei Rundbogeneingängen. Der mittlere Rundbogeneingang ist größer als die Rundbogeneingänge auf der rechten und linken Seite.
Zwischen den Eingängen sind in etwa 3 m Höhe Medaillons von Helmuth Graf von Moltke (links) und Albrecht Graf von Roon (rechts) angebracht. Beide Medaillons wurden von Bildhauer Brunner aus Hardenburg angefertigt und nachträglich angebracht.
Hochterrasse
Von der ersten Aussichtsterrasse in 9,40 m Höhe gelangt man über zwanzig Stufen einer Freitreppe zur zweiten, etwas kleineren Hochterrasse (mit Galerie) in 13,00 m Höhe, die mit 24 Brüstungsplatten versehen ist.
Nach Osten hin hat die Galerie drei offene Rundbögen, zur Süd- und Nordseite jeweils eine offene und zwei geschlossene Rundbögen. Die Abschlusssteine an Treppen und Terrassen sind abwechselnd rund oder spitz zulaufendend.
An der Ostseite der Galerie sind oberhalb der Rundbögen fünf Tafeln mit Inschriften angebracht [auf die Wiedergabe der Inschriften wird hier verzichtet; alle Tafeln von links nach rechts]:
Tafel 1: Architekt Kunst
Tafel 2: Inschrift und Spendernamen
Tafel 3: Drachenfels-Club mit Inschrift
Tafel 4: Baumeister mit Inschrift
Tafel 5: Namen der Unternehmen bei der Sanierung 1991 - 1998
Mittig der Terrasse erhebt sich der eigentliche, 23,40 m hohe Turmschaft mit Dach. Der Eingang zum weiteren Turmaufstieg ist durch eine Metalltür verschließbar. Über dieser Tür ist in Jugendstilschrift
AÑO DOM.
-1902
zu lesen.
Turmkörper und obere Aussichtsetage
Der sich nach oben hin leicht verjüngende Turmschaft ist über eine Innentreppe mit 158 Stufen besteigbar. In 30 m Höhe liegt die obere, 4 m² große Aussichtsetage.
Die Etage weist auf allen Seiten vier halbrunde Aussichts-Öffnungen (Rundbogenfenster) auf. Die Kuppeldecke dieser Aussichtsplattform trägt die Inschrift
Ostseite: O LIEBER GOTT LASS DEINE
Südseite: GÜTE WALTEN DASS DIESER
Westseite: BAU UNS BLEIB ERHALTEN
Nordseite: IN ALLE EWIGKEIT
Das Bauwerk schließt mit einem Pyramidendach ab.
Turmgeschichte
1903-1944
Am Sonntag, 05.07.1903 wurde der Bismarckturm Bad Dürkheim feierlich eingeweiht. Um 11:30 Uhr versammelten sich Tausende Bismarck-Verehrer aus der ganzen Pfalz und den angrenzenden Gebieten vor dem Stadthaus in Dürkheim und marschierten zwei Stunden lang zum Festplatz auf dem Peterskopf. Die Begrüßungsansprache übernahm der 2. Vorsitzende des DVVD, Gutsbesitzer Philipp Zumstein, die Festansprache hielt Generalintendant Dr. Albert Buerklin aus Karlsruhe. Das Bismarck-Relief am Turm wurde anschließend enthüllt. Anschließend übergab Bürgermeister Rudolf Bart das Bauwerk in die Obhut des DVVD. Der 1. Vorsitzende des DVVD, Ökonomierat Karl Schaefer, übernahm den Turm. Abends wurde das Bauwerk bengalisch beleuchtet.
Im Turm wurde eine Wirtschaft („Eduard Schusters Turmkeller“) eingerichtet.
Im Jahre 1908 wurde die Reliefs von Moltke und Roon am Turm angebracht.
Im Ersten Weltkrieg wurde das Bismarck-Relief von Franzosen beschädigt.
Am 27.05.1925 stürzte der Betonboden der 2. Terrasse (Rundgang) ein, während eine Schülergruppe aus Frankenthal den Turm besichtigte. Mehrere Kinder wurden dabei verletzt, eines davon so schwer, dass es kurz darauf starb.
Das Bismarck-Relief wurde im Jahr 1928 erneuert.
Im Zweiten Weltkrieg wurde der Turm durch zwei Bombentreffer schwer beschädigt.
1945-1991
Nach 1945 wurde das Bismarck-Relief durch alliierte Truppen bei Schießübungen beschädigt.
Der Drachenfelsclub sanierte den Bismarckturm ab 1949, das Bismarck-Medaillon wurde 1955 von Spenglermeister Sperling im Auftrag des DVVD restauriert.
In den Jahren 1973 und 1974 wurden Instandsetzungsarbeiten sowie Umbauten von Bauunternehmer Ludwig Diehl (Enkel des Maurermeisters Diehl) durchgeführt. Für den Turmwärter wurde eine Unterkunft mit Lager errichtet.
Am 20.02.1986 wurde der Turm als Kulturdenkmal unter Denkmalschutz gestellt.
Aufgrund von Bauschäden schloss die Kreisverwaltung das Bauwerk kurz vor Ostern 1990 aus Sicherheitsgründen komplett, kurz darauf wurde die untere Terrasse wieder für Besucher freigegeben.
1992-heute
In den Jahren 1992–1998 wurde der Bismarckturm sukzessiv durch Architekt Hans Gelbert für insgesamt 1 Million DM saniert. Die letzten Arbeiten konnten im Frühjahr 1998 abgeschlossen werden.
Am 06. Juli 2003 wurde eine Feier zum 100. Jahrestag des Bismarckturmes vom Drachenfelsclub veranstaltet.
Im Jahr 2019 erhielt das Bauwerk eine neue stählerne Wendeltreppe (Kosten: 7.500 €). Kurz darauf wurde am oberen Turmausstieg eine neue Edelstahlhaube (mit Ausstieg) installiert.
Am 13.03.2021 wurde auf der Aussichtsplattform ein Fernrohr (Omegon Bonview 20x100) angebracht. Zudem wurde schadhafte Sitzbänke entfernt und Sandsteinblöcke um die Steintische gesetzt.
Ende Mai 2023 wurde am Bismarckturm das 120. Jahr der Einweihung und das 150jährige Bestehen des Drachenfelsclubs im Rahmen eines Familienfests (700 Besucher) gefeiert.
Öffnungszeiten (Stand: November 2024)
Der Bismarckturm ist das ganze Jahr an bestimmten Tagen geöffnet (siehe Link unten).
Die Bewirtschaftung des Bismarckturms erfolgt durch Familie Kleiner (Tel.: 0172-6263681 bzw. 06322-62512)
Links
Koordinaten und Kartenmaterial
Quellen
- Seele, Sieglinde, Mannheim (Archiv Seele): BISMARCK-TURM von BAD DÜRKHEIM (Rheinland-Pfalz)
- Seele, Sieglinde: Lexikon der Bismarck-Denkmäler, Imhof-Verlag Petersberg, 2005, S. 44/45
- von Bismarck, Valentin: Bismarck-Feuersäulen u. Türme (unveröffentlichtes Manuskript); Nr. 91 "Bismarck-Turm bei Dürkheim a. Hardt (Pfalz)", 1900 - 1915, 1937 (im Archiv der Burschenschaft Alemannia, Bonn)
- Zeitschrift des Bismarck-Bundes: 1. Jahrgang 1903 (Nr. 5, S. 9), 6. Jahrgang 1908 (Nr. 5, S. 98)
- Ehrhardt, Max: "Bismarck im Denkmal des In- und Auslandes", 1. Bd., Thüringische Verlags-Anstalt Eisenach/Leipzig 1903, Nr. 17
- Heusser, Emil: Neuer Pfalzführer, 1929, S. 121
- Custodis, Paul-Georg: Technische Denkmäler in Rheinland-Pfalz, Görres-Verlag Koblenz (ohne Jahresangabe), S. 160-161
- Pyell, Günter: "Der Bismarckturm vom Drachenfels-Club-Verschönerungs-Verein für Bad Dürkheim und Umgebung e.V. ", Bad Dürkheim 1991
- Deutsche Bauzeitung Berlin: Heft 35 1901, S. 437
- Süddeutsche Bauzeitung: 22.02.1902
- Echo des Siebengebirges: 21.05.1903
- Allgemeine Zeitung: 07.07.1903; 07.05.1926
- Badische Presse: 02.07.1903; 07.07.1903
- Illustrirte Zeitung: Nr. 3132 vom 09.07.1903
- Rosenheimer Anzeiger: 28.05.1925
- Mannheimer Morgen: 13.06.1986; 30.04./01.05.1990; 23.06.2003; 18.02.2006
- Stadtanzeiger: 12.09.1991
- Die Rheinpfalz: 05.09.1991; 07.09.1992; 03.07.1993
- Bad Dürkheimer Zeitung: 08.03.1994; 11.04.1998
- Weinheimer Nachrichten: 07.04.1998
- Drachenfels-Club: Mitgliederbrief Nr. 3/2002; (Programm Bismarckturm-Jubiläum)
Fotografen
- Jörg Bielefeld, Leverkusen (April 2008)
- Hans-Dieter Hirschmann, Haßloch (März 2012, März 2015, Dezember 2015)
- Pascal Bellaire (Oktober 2014)
- Richy Oelke, Kelkheim (April 2018)
Übersichtskarte Standort Bismarckturm
Der genaue Standort ist über die Links zu Google Maps / Google Earth (s.o.) zu finden.
Bildergalerie Bismarckturm Bad Dürkheim (Kallstadt)
Foto Besuchergruppe am Bismarckturm Bad Dürkheim um 1910
Foto Bismarckturm Bad Dürkheim um 1905
Foto Besucher vor dem Bismarckturm Bad Dürkheim um 1930
Foto Bismarckturm Bad Dürkheim April 2018
Foto Detail Bismarckturm Bad Dürkheim April 2018
Foto Detail Bismarckturm Bad Dürkheim April 2018
Ansichtskartenmotive: Bismarckturm-Archiv Jörg Bielefeld, Leverkusen
Fotografien: Jörg Bielefeld, Leverkusen, ansonsten siehe jeweiliges Foto (Erlaubnis des Fotografen)
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