Der dritte Bonner Bismarckturm
Der Bismarckturm in Bonn-Bad Godesberg
Vorbemerkung
Der Bismarckturm in Godesberg ist neben der Bismarcksäule Bonn-Gronau und dem abgerissenen Bismarckturm Bonn-Kessenich der dritte auf heutigem Bonner Gebiet errichtete Bismarckturm.
Bauplanung
1899-1900
Die Nationale Vereinigung der Bürgermeisterei Godesberg, insbesondere Dr. Brandis, regte den Bau dieses Bismarckturmes am 21.01.1899 an. Im August 1899 wurden die Kosten für den Bau auf 15.000 Mark geschätzt.
Im Jahr 1900 wurde das "Bismarck-Denkmal-Comitee zu Godesberg am Rhein" unter Vorsitz des Geheimen Medizinalrates Dr. Brandis gegründet. Weitere Mitglieder dieses Komitees waren Bürgermeister Anton Dengler, Hauptmann a. D. Appel sowie die Rentner Otto Müller und Rudolf Feist.
Auch der am 09.07.1899 gegründete Verschönerungsverein unter Vorsitz von Artur von Rath beteiligte sich an diesem Vorhaben.
Zunächst wählte man als Standort die Südostseite des Burgplateaus (Godesburg) aus und prüfte im November 1900 die Fernsicht mittels eines Holzgerüstes.
1901
Als definitiven Turm-Standort entschied man sich in einer Komitee-Sitzung am 11.02.1901 einstimmig für die Wacholderhöhe (Elisabethstraße). Der Bauplatz lag gegenüber der von der Heydt-Villa, im Süden von Godesberg.
Das 3,84 Ar (384 m²) große Baugrundstück wurde von der Gemeinde Godesberg gespendet. Dieses Grundstück gehörte zu einem vier Hektar großen Gelände, auf dem ursprünglich ein rheinisches Festspielhaus errichtet werden sollte.
Der Bankier Karl von der Heydt, der direkt am Bauplatz wohnte, spendete zusätzlich ein 2,39 Ar (239 m²) großes, direkt daran anschließendes Grundstück für den Turmbau.
Im Februar 1901 war die Spendensumme inkl. Zeichnungen bereits auf 12.500 Mark angewachsen. Der Godesberger Verschönerungsverein sagte 500 Mark für die Gartenanlage am Bismarckturm zu.
Kurz darauf lud das Komitee in den Lokalzeitungen zur feierlichen Grundsteinlegung am Fr., 20.03.1901 um 18:00 Uhr ein. Zahlreiche Bürger versammelten sich an der bereits vorhandenen Baugrube. Geheimrat Brandis las den von Hauptmann von Appel verfassten Text der Grundsteinurkunde vor. Die Urkunde wurde bei musikalischer Begleitung des Männer-Gesang-Vereines Godesberg mit zahlreichen Unterschriften versehen. Anschließend wurde die Urkunde in eine Metallkapsel eingeschlossen und von Baumeister Düren in den Grundstein platziert. Nach den obligatorischen Hammerschlägen wurde der Grundstein gelegt.
Auf der anschließenden Nachfeier im Saal der Geschwister Schumacher eröffnete Geheimrat Brandis, dass die Spendensumme nun auf 13.500 Mark angewachsen war. Die Entwürfe und Modelle des Turmes wurden ab dem 23.03.1901 im Schaufenster des Geschäftes von Emil Geul (Bahnhofstraße) ausgestellt.
Bauarbeiten
Entworfen wurde dieser Bismarckturm von Regierungsbaumeister Ernst Spindler (Firma Erdmann & Spindler aus Berlin). Dieser übernahm auch die Bauoberleitung ab Ende 1901. Durchgeführt wurden die Arbeiten von der Firma Theodor Wilhelm Düren aus Godesberg zum Selbstkostenpreis.
Als Baumaterial wurde grobkörniger braungelber Sandstein aus den Brüchen der Fa. Spindler in Königswinter am Rhein sowie Basaltlava für den Unterbau verwendet.
Der Baumeister wurde im April 1901 beauftragt, den ca. 5 m hohen Unterbau bis zum 05. Mai 1901 fertig zu stellen. Die Fa. Düren gab bekannt, dass sich die Bau-Gesamtsumme auf ca. 19.000 Mark erhöhen wird.
Der letztendlich 21.000 Mark teure Turm wurde komplett durch Spenden finanziert.
Turmbeschreibung (zur Zeit der Einweihung)
Der 20,40 m hohe Aussichtsturm mit Befeuerungsmöglichkeit hat einen unregelmäßigen achteckigen Grundriss. Die nach Westen ausgerichtete Eingangsseite sowie die Seiten in die anderen drei Himmelsrichtungen sind jeweils 6 m lang. Die anderen vier Seiten haben jeweils eine Länge von 4,10 m.
Am Fuß ist der Turm (Quadrat mit abgefassten Ecken in Form von gleichseitigen Dreiecken: 2,90 m [Kathete] x 2,90 m [Kathete] x 4,10 m [Hypotenuse]) insgesamt 11,80 m lang (6 m Seitenlänge + 2,90 m an jeder Seite). Die Grundfläche der Säule beträgt somit 122,42 m².
Die Sockelhöhe beträgt durchgehend 2 m. Der in Höhe von 0,55 m bis 1,60 m Höhe abgeschrägte Sockel ist auf der Westseite durch eine 1,07 m breite Treppe mit 9 Stufen unterbrochen, die zum 1,00 m x 2,02 m großen Eingangsbereich führen (ursprünglich eine Holztür, Türgröße 0,95 m x 2,00 m).
In Höhe des Erdgeschosses sind rundum 12 geschwungene, jeweils 2,60 m hohe Strebemauern (auf den langen Seiten jeweils zwei, auf den kurzen Seiten jeweils eine) vorhanden.
Linksseitig vom Eingang wurde eine Inschrifttafel in ca. vier Meter Höhe angebracht:
ERBAUT 1901-1902
ARCHITECTEN:
ERDMANN
& SPINDLER
BERLIN
AUSFÜHRUNG:
THEOD. WILH. DÜREN
GODESBERG
Die sich auf dem Sockel erhebende Säule hat eine entarsisartige Form, der Säulenschaft verjüngt sich nach oben. Bossierte gelbbraune Sandsteinquader bilden den gesamten Oberbau.
Die Plattformbrüstung in 15,94 m Höhe wird von geschwungenen, glatt gehauenen Kragsteinen gestützt. Das Turmgesims ist durch einen umlaufenden Fries von aneinandergereihten Bismarck-Wappen verziert.
An der West- und Ostseite sind jeweils zwei Fensteröffnungen (0,25 m x 0,85 m) eingelassen, auf der Nord- und Südseite ist es je eine Fensteröffnung (Südseite ist vermauert).
Durch die 1 m breite Stahltür gelangt man in die Innenhalle des Turmes (4,35 m x 4,35 m).
Über eine steinerne Wendeltreppe (rechtsdrehend hochgehend mit Metallgeländer) mit 60 Stufen erreicht man das Zwischengeschoss. Über eine Metallleiter mit zehn Sprossen steigt man durch einen rechteckigen Austritt (1,70 m x 0,80 m), der mit einer Metallklappe verschließbar ist, auf die achteckige, 6,70 Meter breite Aussichtsplattform mit 0,90 m hoher Steinbrüstung.
Die Feuerschale (sechseckiger Eisenrost mit Durchsteigeloch in der Mitte) ruht auf einem 0,60 m hohen Steinkranz, der von sechs Säulen (Höhe 2,50 m, Durchmesser 1 m, Abstand der Säulen 0,80 m) getragen wird.
Die Feuerschale wurde mit in Petroleum getränktem Scheitholz befeuert. Ein korbartiges Gitter auf der Feuerschale sollte ein Herabfallen des Feuerungsmaterials verhindern.
Turmgeschichte
1902
Die feierliche
Einweihung des Bismarckturmes erfolgte in den Abendstunden des 31.03.1902 (Ostermontag).
Ein Festzug, bestehend aus zahlreichen Abordnungen der Bonner Studentenschaft, heimischen Vereinen, der Feuerwehr, des Gemeinderats sowie dem Gemeindevorsteher, Ehrengästen und dem Festausschuss, zog ab 18:00 Uhr bei regnerischem Wetter vom Kurpark zum Bismarckturm. An der Einweihung nahmen auch katholische Studentenverbindungen und eine Abordnung des katholisch-theologischen Convicts (Collegium Albertinum) teil.
Die Festansprache hielt der Vorsitzende der Nationalliberalen Vereinigung, Dr. Brandis. Anschließend erhielt Bürgermeister Anton Dengler von Regierungsbaumeister Spindler den Schlüssel des Turmes. Dieser übernahm das Bauwerk im Namen der Gemeinde Godesberg, die ab sofort für die Pflege und die regelmäßige Befeuerung des Turmes zuständig war. Anschließend wurde das Feuer auf dem Turmkopf erstmals entzündet. Danach zogen die Festteilnehmer mit Fackeln zum Kurhaus. An dem anschließenden Festkommers um 20:00 Uhr im großen Saal des Kurparks nahmen 350 Personen teil. Die Teilnahme am Kommers war nur möglich, wenn man mindestens 10 Mark für das Bauwerk gespendet hatte. Dr. Brandis, Bürgermeister Dengler und Erich Sonntag hielten die Festreden.
1903-1914
In den Folgejahren fanden regelmäßig Bismarck-Gedenkfeiern am Turm statt. Zur Sommersonnenwende am 21.06.1907 veranstaltete die Nationale Vereinigung der Bürgermeisterei Godesberg einen Fackelzug zum Bismarckturm. Dr. Grote hielt anschließend eine Festrede am Bismarckturm, die anschließende Nachfeier fand im Saal von Schumacher statt.
Bereits im Jahr 1908 zeigte sich, dass der Betonboden der oberen Plattform der Hitze durch die Befeuerungen nicht gewachsen war. Auch am Turmsockel waren zu dieser Zeit schon Risse vorhanden, eine erste Grundsanierung musste durchgeführt werden.
Am 21.06.1910 um 21.00 Uhr veranstaltete die Nationale Vereinigung einen Aufmarsch zum Bismarckturm, auf der das Feuer entzündet wurde. Die Rede am Turm hielt Oberlehrer Grube. Anschließend fand ein Fackelzug statt. Die Nachfeier der Nationalen Vereinigung (mit ihren Frauen) erfolgte im "Aennchen".
Aufgrund von Vandalismusschäden musste die hölzerne Eingangstür nach 1912 durch eine eiserne Tür ersetzt werden. Die Schlosserei Jean Hesseler lieferte 1912 auch einen neuen Feuerkorb (Gewicht: 372 kg).
Zur Sommersonnenwende, am 21.06.1914, beteiligten sich die Schüler des Pädagogiums mit ihrer Musikkapelle an der Bismarckfeier. Das Feuer auf dem Bismarckturm wurde entzündet, die Festrede hielt Oberlehrer Endemann. Anschließend fand ein Fackelzug statt, der über die "reichsilluminierte Ludwigstraße" zum Kurpark und von da aus zum Moltkeplatz führte.
Bis 1919 waren die Stadtwerke für die Befeuerung des Turmes zuständig.
1915-1933
An der Bismarckfeier zur Sommersonnenwende am 21.06.1915 nahmen 2.000 Personen teil. Die Festrede hielt Bürgermeister Zander vom Sockel des Bismarckturmes. Aufgrund des Krieges wurde ab 1916 auf die Feiern zur Sommersonnenwende verzichtet.
In den Jahren 1920 und 1923 wurde die eiserne Eingangstür durch Einbrüche erneut beschädigt.
Nach dem Ende der Besatzung durch die Alliierten wurde am 31.03.1926 nach längerer Zeit wieder der Bismarckturm beflammt.
Bis 1933 wurde der Turm jeweils am 31.03. und 21.06. befeuert.
1952-heute
Im Jahr 1952 plante man den Abriss des Turmes, da die Innentreppe marode geworden war. Aus Kostengründen verzichtete man darauf. Im Jahr 1956 sperrte man aus Sicherheitsgründen den Zugang, im Jahr 1958 wurden einige Außenschäden am Turm ausgebessert, drei Bänke wurden aufgestellt und Büsche und Bäume gekappt. Der Turm blieb aber weiterhin verschlossen.
Über die künftige Nutzung des Bauwerks wurde im Jahr 1962 diskutiert. Es wurde die Einrichtung eines Cafés im oder am Turm vorgeschlagen, wozu es allerdings nicht kam.
Am 01.08.1969 wurde Godesberg von der Stadt Bonn eingemeindet.
Der Vorsitzende des Godesberger Heimat- und Geschichtsvereines, Dr. Walter Haentjes, setzte sich im Jahr 1977 für die Erhaltung des Turmes ein, lehnte aber aus Kostengründen eine Nutzung des Bauwerkes als Aussichtsturm ab. Der leitende städtische Rechtsdirektor Helmut Offner hielt eine spätere Nutzung des Bismarckturms als Aussichtsturm für möglich, da planerisch vorgesehen war, die umliegenden Bereiche als Grünanlage zu gestalten. Teile davon befanden sich zu dieser Zeit allerdings noch in Privatbesitz.
Das Bauwerk wurde im Jahr 1988 „als deutlich vom Jugendstil Veldescher Art beeinflusster Turm“ unter Denkmalschutz gestellt.
Auf dem Steinkranz mit der ehemaligen Feuerschale ist heute nur noch ein Schutzgitter angebracht, die Feuerschale wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt entfernt.
Im September 2000 wurden anlässlich des Tages des offenen Denkmals Führungen am und im Bismarckturm durchgeführt, die gut besucht waren.
Das 100. Turm-Jubiläum im Jahr 2002 wurde nicht offiziell gefeiert.
Im Januar 2004 wurde der Turm nach einem Beschluss des Stadtbauamtes im Einvernehmen mit der Unteren Denkmalbehörde saniert. Durch Regenwasser hatten sich im Sockel Steine gelöst.
Im August 2023 war das Bauwerk mittels eines Bauzaunes abgesperrt. Der Turm war im unteren Bereich stark bemoost.
Öffnungszeiten
Der Turm ist dauerhaft für Besucher verschlossen [Stand: September 2024].
Links
Koordinaten und Kartenmaterial
Quellen
- Seele, Sieglinde: Lexikon der Bismarck-Denkmäler, Imhof-Verlag Petersberg, 2005, S. 71
- Seele, Sieglinde: Mannheim (Archiv Seele): BISMARCK-TURM von GODESBERG (Nordrhein-Westfalen)
- von Bismarck, Valentin: Bismarck-Feuersäulen u. Türme (unveröffentlichtes Manuskript); Nr. 58 "Bismarck-Feuersäule zu Godesberg am Rhein", 1900 - 1915, 1937 (im Archiv der Burschenschaft Alemannia, Bonn)
- Ehrhardt, Max: Bismarck im Denkmal des In- und Auslandes, Thüringische Verlags-Anstalt Eisenach-Leipzig, 1903, "Die Bismarck-Säule zu Godesberg a. Rh."
- Kleinmanns, Joachim: Rheinische Aussichtstürme des 19. und 20. Jahrhunderts, Dissertation Aachen 1986, S. 277 (Nr. 69: BISMARCKTURM, Bonn)
- Schwalb, Karl Josef: "Der Bad Godesberger Bismarckturm" in Godesberger Heimatblätter, Jahresheft 1999 des Vereins für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg e.V., S. 135 - 145
- Dortmunder Zeitung: 03.08.1899
- Kölnische Zeitung: 21.01.1899; 01.04.1902; 02.04.1902
- Rheinisch-Westfälische Zeitung Nr. 247 vom 02.04.1902
- General-Anzeiger Bonn: 12.11.1900; 12.02.1901; 20.03.1901; 23.03.1901; 30.04.1901; 15.02.1902; 24.03.1902; 01.04.1902; 23.06.1907; 22.06.1914; 21.06.1915; 22.06.1915; 20.06.1916; 12.01.2004
- Bonner Zeitung: 30.04.1901; 01.04.1902; 21.06.1910
- Echo der Gegenwart: 02.04.1902
- Akademische Blätter, Zeitschrift des Kyffhäuser-Verbandes der Vereine Deutsche Studenten, 17. Jg., Nr. 2 vom 16.04.1902
- Godesberger Volkszeitung: 31.03.1926
- Annener Zeitung: 19.04.1933
- Neue Rhein-Zeitung: 08.07.1957; 10.11.1958
- Bonner Rundschau: 23.08.1962; 24.09.1977
- Schreiben des Stadtarchives Bonn an Webmaster vom 12.02.2002
- Sieglinde Seele, Mannheim (Turm-Maße Oktober 2005) und Jörg Bielefeld, Leverkusen (Turm-Maße September 2010)
Fotografen
- Jörg Bielefeld, Leverkusen (1998, Juni 2001, Oktober 2005, September 2010)
- Christian Gerloff, Jena (Oktober 2011)
- Ralph Männchen, Dresden (Juni 2017)
- Richy Oelke, Kelkheim (Juli 2017)
Übersichtskarte Standort Bismarckturm
Der genaue Standort ist über die Links zu Google Maps / Google Earth (s.o.) zu finden.
Bildergalerie Bismarckturm Bonn - Bad Godesberg
Foto Bismarckturm Bonn - Bad Godesberg undatiert
Foto Bismarckturm Bonn - Bad Godesberg 1998
Foto Bismarckturm Bonn - Bad Godesberg Juni 2001
Foto Innenraum Bismarckturm Bonn - Bad Godesberg Oktober 2005
Foto Leiter Aufstieg Plattform Bismarckturm Bonn - Bad Godesberg Oktober 2005
Foto Aussicht vom Bismarckturm Bonn - Bad Godesberg Oktober 2005
Ansichtskartenmotive: Bismarckturm-Archiv Jörg Bielefeld, Leverkusen
Fotografien: Jörg Bielefeld, Leverkusen, ansonsten siehe jeweiliges Foto (Erlaubnis des Fotografen)
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