In 20 Jahren zum fertigen Turm
Der Bismarckturm in Delecke (Gemeindeverband Möhnesee)
Vom Plan bis zur Fertigstellung
1912
Am 01.04.1912 erschien im Soester Anzeiger ein Leserbrief mit der Überschrift "Eine Bismarcksäule für Soest". Hier wurde der Wunsch geäußert, dass auch in Soest bis zum 01.04.1915 zu Ehren des ehemaligen Reichskanzlers ein Bismarckturm errichtet werden sollte. Als Vorschlag für mögliche Standorte wurden die "alte Windmühlenbastion des Nötten-Jakobi-Walls", der Schonekind oder die Wallunterführung des Steingrabens in der Innenstadt von Soest (Turm als Bismarck-Tor in modernen Architekturformen) genannt.
Diese Idee wurde umgehend vom Vorstand der nationalliberalen Partei aufgegriffen und in dieser Angelegenheit zu einen Bismarck-Kommers im Adlersaal am 15.04.1912 eingeladen.
Nach einer Rede vom Reichstagsabgeordneten Georg Schulenburg (*1872-†1963) wurde von den "Verehrern Bismarcks aus Stadt und Kreis Soest" die Bildung eines provisorischen "Ausschusses zur Errichtung eines Bismarckturmes in Soest" beschlossen. Das Bauwerk sollte zum 100. Geburtstag des ehemaligen Reichskanzlers Otto von Bismarck zum 01.04.1915 eingeweiht werden. Der Verein Heimatpflege unterstützte dieses Vorhaben. Das Vorhaben sollte von allen Bevölkerungsschichten des ganzen Kreises und nicht explizit von der Nationalliberalen Partei finanziert und errichtet werden. Mitglieder des provisorischen Komitees waren u.a. Buchdruckereibesitzer Wilhelm Jahn, Ehrenamtmann Berken, Baurat Meyer, Julius Voßwinkel, Lehrer Solbach, Stadtbaurat Sudhoff und Pastor Clarenbach.
Anfang Mai 1912 wurde dann ein festes Komitee unter Vorsitz des Buchdruckereibesitzers Wilhelm Jahn gebildet. Zu den Schriftführern wurden Kaufmann Aug. Gruß und Kaufmann Julius Voßwinckel und zum Kassenführer Kaufmann Fritz Gerke bestimmt. Dieses Komitee tagte erstmals am 07.05.1912.
Mit der Abfassung eines Aufrufes wurden Prof. Niemöller, Pastor Clarenbach und Justizrat Risse beauftragt, ein eigener Bauausschuss sollte Vorschläge hinsichtlich des Bismarckturm-Entwurfes machen.
Am 24.05.1912 empfahl der Bauausschuss der Stadt Soest den Ankauf des sog. Windmühlenturms. Dabei soll es sich um eine ehemalige Warte gehandelt haben, die über den existierenden Hohlweg mit der Stadt verbunden war. Der Bauausschuss plante, auf den Windmühlenturm ein Meter Mauerwerk zu setzen, um darauf einen Feuertopf zu installieren.
Am 11.06.1912 wurde dem vorgelegten Entwurf eines Aufrufes zugestimmt, welcher im August 1912 veröffentlicht werden sollte. Nach Besprechung über verschiedene Projekte entschied sich das Komitee für den Standort am Kreuzungspunkt des alten Haarwegs mit der Soest-Arnsberger Straße zwischen Drüggelte und Wippringsen.
Das Bauwerk sollte als Aussichtsturm mit Befeuerungsmöglichkeit zu Ehren Bismarcks (jeweils am 01. April) dienen. Die relativ weite Entfernung von Soest (ca. 7 km) wurde mit Hinweis auf den zukünftigen Ausflugsverkehr zur Talsperre Möhnesee in Kauf genommen.
Gutsbesitzer Bernhard Schulte aus Drüggelte stellte darauf dem Komitee sein knapp zwanzig Ar große Grundstück (1.998 m²) kostenlos zur Verfügung.
1913
Mitte Februar 1913 reichte Stadtbaurat Sudhoff einen Turm-Entwurf ein, der im oberen Teil einen Umgang und eine Feuerschale besaß.
Am 15.03.1913, am 22.03.1913, am 29.03.1913 sowie am 19.04.1913 erschien im Soester Anzeiger jeweils ganzseitig ein „Aufruf zur Errichtung eines Bismarck-Denkmals für die Stadt und den Kreis Soest“. Hier wurde um Spenden für dieses 12.000–15.000 Mark teure Projekt bei der Bevölkerung geworben.
Zusätzlich organisierte der Festausschuss des Komitees (Prof. Dr. Niemöller, Rentner Prinz, Adolf Schneider, Taubstummenlehrer Bolles) am 01.04.1913, dem 98. Geburtstag von Otto von Bismarck, erneut einen Bismarck-Kommers im Adlersaal, in dem erneut um Spenden gebeten wurde. Etwa 150 Bismarck-Verehrer waren zu dieser Veranstaltung erschienen und spendeten 111 Mark.
Als Baumaterial für den Turm war heimischer Sandstein vorgesehen, im oberen Teil war ein Umgang geplant, auf dem Turmkopf sollte ein "größerer Feuertopf" für die geplante Bismarckfeuer am 01. April installiert werden.
Nachdem der Oberpräsident von Westfalen im Mai 1913 eine Geldsammlung von Haus zu Haus genehmigte, kamen bis zum 21.06.1913 insgesamt 4.600 Mark zusammen. Der Kreiskriegerverband stiftete im Juli 1913 insgesamt 300 Mark, die Schüttewallgesellschaft in Soest 150 Mark für das Bauprojekt Bismarckturm. Ende Juli 1913 spendete der Kreisausschuss des Kreises 500 Mark für den Bismarckturm, die städtischen Körperschaften in Werl bewilligten 100 Mark.
Die Sammlungen in den umliegenden Orten im Jahr 1913 ergab folgendes:
- Amt Borgeln: 375,50 Mark
- Kreis Soest: 305,00 Mark
- Amt Körbecke: 250,00 Mark (weitere 95,30 Mark im Jahr 1914)
- Amt Schwefe: 641,10 Mark
Bis Ende August 1913 waren die Spendenmittel auf 7.000 Mark angewachsen, sodass genug Finanzmittel vorhanden waren, um im Frühjahr 1914 mit dem Bau des Turmes zu beginnen. Die Steine wurden bereits im August 1913 bis zur Baustelle gefahren und abgelegt.
1914
Am 07.01.1914 schrie Wilhelm Jahn als Vorsitzender des Komitees an den Kreisausschuss des Kreises Soest und bat, "den Turm nach seiner Fertigstellung in die Obhut des Kreises zu nehmen". Diesem Antrag stimmte der Kreisausschuss des Kreises Soest am 14.01.1914 zu.
Am 21.02.1914 war die Spendensumme auf 9.000 Mark angewachsen.
Das Komitee schloss am 01.03.1914 einen Vertrag mit Maurermeister Eberhard Heitger aus Günne ab, der am 25.03.1914 mit den Ausschachtungsarbeiten am Fundament begann.
Der Soester Kreistag stimmte am 06.03.1914 der nach Einweihung des Turmes beabsichtigten Übernahme des Turmes zu. Das Baugrundstück (Flur 8 Nr. 151/91) der Gemeinde Delecke ging laut Vertrag vom 04.03.1914 in das Eigentum des Kreises Soest über.
Am 01.04.1914 um 16:00 Uhr feierte das Komitee mit etwa dreihundert Teilnehmern die Grundsteinlegung des Turmes.
Die Festansprache hielt Buchdruckereibesitzer Wilhelm Jahn. Anschließend verlas Prof. Fromme den Text der von ihm auf Pergament verfassten Urkunde, die mit den Unterschriften der Komiteemitglieder versehen war. Die Urkunde wurde in eine kupferne Hülle gelegt, welche wiederum in den ausgemeißelten Grundstein gelegt wurde. Nach Vermauerung des Grundstücks folgten die obligatorischen 3 Hammerschläge. Anschließend (ab 20:30 Uhr) verlagerte sich die Feier in den Gasthof Sundermann an der Talsperre Möhnesee.
Bei der Grundsteinlegung lag die Höhe des Baufonds bei 10.300 Mark.
Weitere Spenden wurden durch ein Konzert des Männer-Gesangsvereins "Frohsinn" im Frühjahr "zum Besten des Bismarckturmes" gesammelt.
Bis August 1914 war das Bauwerk bereits auf eine Höhe von acht Metern gewachsen, als die Arbeiten kurzfristig wegen des einsetzenden Ersten Weltkrieges gestoppt werden mussten. Bis dahin wurden 8.080,89 Mark für den Bismarckturm ausgegeben.
1915
Am 01.04.1915, zum 100. Geburtstag von Otto von Bismarck, dem geplanten Einweihungsdatum des Bismarckturmes, gab es in Soest eine patriotische Kundgebung. Es wurde daran erinnert, dass die Vollendung des halbfertigen Turmes für "wiederkehrende friedliche Zeiten" vorgesehen ist. Die nicht vermauerten Steine blieben auf dem Baugrundstück liegen.
1919
Nach dem Krieg, am 18.02.1919, wurde der Vorsitzende des Komitees, Wilhelm Jahn, erneut aktiv. Er unterbreitete dem Ehrenamtmann des Amtes Körbecke schriftlich den Vorschlag, den Bismarckturm zusätzlich zu einer Gedächtnisstätte aller Gefallenen des Ersten Weltkrieges umzubauen. Die vorhandene Spendenrestsumme betrug 2.286,05 Mark.
Am 28.08.1919 wurde im Soester Anzeiger ein Aufruf vom Bismarckturm-Ausschuss veröffentlicht, bei dem um Spenden für die ca. 27.000 Mark teure Weiterbau-Maßnahme gebeten wurde. Dieser Aufruf (1/4 Seite) erschien zum 25.11.1919 noch acht Mal im Soester Anzeiger.
1920
Bis zum Frühjahr 1920 gelang es sogar kurzfristig, 25.309,30 Mark an neuen Spenden zu gewinnen.
Die Sammlungen im Jahr 1919 und Anfang 1920 erbrachten folgende Spendensummen:
- Stadt Soest: 13.439,60 Mark
- Amt Borgeln: 3.104,00 Mark
- Amt Körbecke: 913,60 Mark
- Amt Lohne: 2.647,50 Mark
- Amt Niederense: 340,05 Mark
- Amt Schwefe: 4.355,75 Mark
- Amt Werl: 159,00 Mark
- Orte außerhalb des Kreises: 419,80 Mark
Die steigende Inflation machte sich hier negativ bemerkbar, die Kosten waren im Vergleich zum Jahr 1914 bereits etwa um das 14-fache gestiegen. Die nun angesparte Geldsumme reichte nicht mehr aus, um einen Turm mit Gedächtnisstätte zu errichten. Eine aktuelle Berechnung ergab, dass allein für die gusseisernen Tafeln, auf denen die 1.200 Namen der Gefallenen aus dem Kreis Soest angebracht werden sollten, etwa 50.000 Mark einzuplanen waren.
So wurde im April 1920 beschlossen, den Turm nur noch ca. 12 m hoch zu bauen und diesen mit einer Aussichtsplattform mit Brüstung zu versehen.
Im August 1920 wurden die ersten Arbeiten am Bismarckturm wieder aufgenommen, um das Bauwerk auf 12 m zu erhöhen. Anfang Oktober 1920 übergab das Amt Oestinghausen 4.786,50 Mark an Spenden für den Baufonds an den Ausschuss. Anfang Dezember 1920 war der Turm auf eine Höhe von 12 m gebracht und mit einer einfachen Plattform inkl. Brüstung versehen worden. Die im romanischen Stil gestaltete Gedächtnishalle mit Kreuzgewölbe im Innern des Turmes stand kurz vor der Vollendung. Die Verputzarbeiten waren beendet, die Fenster waren mit gelbem Glas versehen.
Die Anzahl der Gefallenen und Vermissten aus dem Kreis Soest war auf 1.600 Personen angewachsenen, sodass ein besonderer Raum im Untergeschoss für die Ehrung geplant war. Zur Verhinderung von Vandalismus sollte ein Turmwärter eingestellt werden., für den über der Halle ein Aufenthaltsraum geschaffen werden sollte.
1921
Vom Spätsommer 1920 bis Mitte Mai 1921 wurde wieder am Turmstumpf gearbeitet, der Kreis Soest beteiligte sich am 16.03.1921 mit einer „außerordentlichen Beihilfe“ von 10.000 Mark an den Kosten. Bisher wurden 43.000 Mark ausgegeben, zur endgültigen Fertigstellung wurden noch ca. 27.000 Mark benötigt.
Am 08.04.1921 wurde von der Stadt Soest trotz Kritik mehrerer Stadtverordneter (aufgrund der zu dieser Zeit herrschenden Wohnungsnot, es gab 6 Gegenstimmen bei der Abstimmung) ein Zuschuss von 1.000 Mark zur Fertigstellung bewilligt.
Im Mai 1921 wurde das äußere Mauerwerk ausgefugt, um das Eindringen von Regenwasser zu verhindern.
Das Amt Schwefe bewilligte im Mai 1921 insgesamt 2.500 Mark für das Bauwerk.
1922-1924
Bis Februar 1922 war die Gedächtnishalle noch nicht fertig gestellt worden. Aufgrund von Vandalismusschäden sollte Namen der Gefallenen nicht im Raum unter der Gedächtnishalle, sondern in der Halle selbst angebracht werden. Der Raum darunter sollte von einem noch einzustellenden Turmwächter genutzt werden, der diesen zugleich als Wohnraum verwenden sollte. Die Namen der Gefallenen sollten nicht auf teuren Tafeln (projektierte Kosten: 75.000 Mark), sondern "in einer anderen würdigen Weise" angebracht werden.
Insgesamt fielen 1.792 Personen aus dem Kreis Soest im Krieg.
Durch die Hyperinflation in den Jahren 1922 und 1923 konnten die Arbeiten am Bismarckturm und der Gedächtnishalle bis Herbst 1923 nicht weitergeführt werden.
Am 20.12.1923 nahm der Kreis Soest den verkürzten Turm in Obhut, nachdem man die meisten Fenster des wegen Vandalismus beschädigten Bauwerks vermauert hatte. Die Tür zur Plattform war gestohlen worden, zudem waren Putzschäden aufgrund eindringender Nässe erkennbar. Die verbleibenden Fenster in der seitlichen Nische wurden mit Drahtgewebe gesichert.
Vot dem Fenster in der Nische sollte eine "Art Altar" hergestellt werden, bei dem unter einer Glasplatte die "Namen der gefallenen Krieger" auf einer Schrifttafel zu lesen waren. Der Kostenaufwand wurde auf 300 Mark geschätzt, eine Zeichnung war bereits gefertigt worden.
Am 23.12.1924 starb der Motor des Bismarckturm-Projekts, Wilhelm Jahn, im Alter von 64 Jahren. Der Bauausschuss (Nachfolger des Komitees) war damit aufgelöst, sodass die geplanten Arbeiten nicht mehr fortgesetzt wurden.
1925-1929
Der Kreis Soest vernachlässigte anschließend die Fürsorgepflichten für den Bismarckturm.
Aufgrund des Zeitungsartikels "Der vergessene Bismarckturm" im "Beobachter an der Haar" vom 27.08.1926 bezüglich des Stillstandes der Bauarbeiten und der Verwahrlosung des "Steinkoloss" wurde die Kreisverwaltung wieder aktiv. Doch die politischen Parteien konnten sich nicht einigen.
In der Sitzung des Kreistages vom 24.03.1927 wurde vom Landrat festgestellt, dass der jetzige Zustand unhaltbar sei und eine Besichtigung des Turmgrundstückes beschlossen. Diese wurde am 01.04.1927 durchgeführt. Zunächst wurden keine Beschlüsse gefasst.
In der Sitzung des Kreistages vom 04.08.1927 wurde der Punkt „Ausbau des Bismarckturms“ vertagt. Die Kreistagsabgeordneten konnten sich weiterhin nicht darüber einigen, einen Turmwächter anzustellen und ein weiteres Grundstück am Bismarckturm zu kaufen. Die Gesamtkosten dafür sollten 12.400 Reichsmark betragen. Bis zum Jahr 1930 konnte man sich politisch nicht einigen.
1930-1933
Im Februar 1930 wurde der „Verkehrsverein Möhnesee“ gegründet, der sich sofort daran machte, das Problem „verwahrloster Bismarckturm“ zu lösen. Im September und nochmals Anfang Oktober 1930 wandte sich der Verein an den Landrat, der den Wunsch nach Instandsetzungsarbeiten an die Kreisverwaltung weitergab. Der Verkehrsverein bemängelte die halb abgerissene Treppenüberdachung auf der Plattform und den zugemauerten Eingang, aus dem bereits wieder einige Steine herausgebrochen worden waren und machte konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Situation.
Landrat und Kreisausschuss reagierten am 09.10.1930, allerdings anders als vom Verkehrsverein erwartet: Die geforderten „Instandsetzungsarbeiten“ entpuppten sich als erneute Vermauerung des Eingangs und des Treppenhauses und nicht als Wiedereinsetzung der Bauarbeiten. Der hauptamtliche Geschäftsführer des Verkehrsvereins, Wilhelm Bracht, gab nicht auf und beantragte den Weiterbau der Turmruine zu einem Aussichtsturm und einer Kriegergedenkstätte.
Erst am 15.03.1933 erörterte der Kreisausschuss die Fertigstellung des Bismarckturmes in Anlehnung an die ursprünglichen Pläne. Nun wurden die Pläne für die Fortführung des Baues konkret. Bei Gesprächen erklärte sich der Verkehrsverein Möhnesee bereit, nach Fertigstellung des Turmes die Beaufsichtigung und Öffnung zu übernehmen. Am 06.04.1933 wurde der Turm in die Obhut des Verkehrsvereines gegeben.
Der Kreisausschuss griff auf den im Jahre 1915 leicht geänderten Entwurf des damaligen Stadtbaurates Sudhoff zurück und vergab die Arbeiten im Juli 1933 an Meister Haverland aus Ampen, der im August 1933 mit den Bauarbeiten begann. Entgegen dem ursprünglichen Entwurf wurde nun der obere Teil mit Feuerschale weggelassen. Statt der ursprünglich geplanten 22,50 m Höhe hatte das Bauwerk mit einer Grundfläche von 7 m x 7 m nach Fertigstellung eine Gesamthöhe von 18 m.
Es wurde eine Stromleitung in den Turm gelegt, auch der Vorplatz konnte provisorisch beleuchtet werden.
Die Gesamtkosten für die Baumaßnahmen 1933/1934 beliefen sich auf 8.000 Reichsmark.
1934
Am 01.04.1934, dem 1. Osterfeiertag, wurde der aus Sandstein gebaute Turm - genau zwanzig Jahre nach der Grundsteinlegung - als Gedenkturm für Bismarck und die Gefallenen des Ersten Weltkrieges sowie als Aussichtsturm eingeweiht. Gleichzeitig brachte man nach Beschluss des ersten nationalsozialistischen Kreisausschusses ein Hakenkreuzrelief an der West-Seite des Turmes an.
Am Einweihungstag wurden die Besucher mit Autobussen zum Turmgrundstück gefahren. Mehrere Tausend Personen zogen aus den Dörfern des Möhnesees und aus Soest zu Fuß zur Haarhöhe, wo vor dem Turm bei Scheinwerferbeleuchtung Aufstellung genommen wurde. Eine Standartenkapelle sorgte für die Musik, acht Fanfarenbläser gaben den Auftakt, danach sang der Soester Volkschor. Die Festreden hielten Landrat Freiherr von Werthern-Michels, Regierungspräsident Dr. von Stockhausen und Kreispropagandarat Pg. Müller, der Turm wurde in dieser Zeit mit Scheinwerfern angestrahlt. Anschließend wurde auf dem obersten Kranz der Plattform ein Feuer entzündet. Anschließend wurde das Bauwerk vom Landrat offiziell an den Verkehrsverein übergeben.
Im Innern erinnerten bronzene, in einer Truhe verwahrte Buch-Platten mit eingravierten Namen an die Gefallenen des Ersten Weltkrieges. Der Turm kam nach der Einweihung in die Obhut des "Verkehrsvereins Möhnesee".
Standort und Baubeschreibung
Der 18 m hohe Bismarckturm wurde auf der zwischen Möhnesee und Soest höchsten Erhebung des Haarstrangs (285,80 m ü. NN) errichtet. Ausgeführt wurde der leicht veränderte Entwurf des Stadtbaumeisters Sudhoff aus dem Jahr 1913, wobei die Turmhöhe von ursprünglich geplanten 22,50 m durch Wegfall der Befeuerungsmöglichkeit und einer Etage auf 18 m reduziert wurde.
Auf einer Grundfläche von 7 m x 7 m erhebt sich der Turm, auf der West- und Ostseite sind etwa 4 m hohe Anbauten gesetzt. Die Steintreppe geht über die ursprüngliche Gedächtnishalle und über den westlichen Anbau bis zur Aussichtsplattform in ca. 15 m Höhe. Die Decke der Gedächtnishalle bildet ein Kreuzgewölbe, die Fenster, zwei parallel auf der Südseite und eines im Anbau, wurden mit gelben Glaseinsätzen versehen. Über eine massive Treppenanlage aus Stein (75 Stufen) mit mehreren Zwischenpodesten erreicht man die seit 1987 umgebaute Aussichtsplattform (mit Glaskuppel als Wetterschutz und Bleidach). Über eine nach unten führende Treppe mit 15 Stufen gelangt man in den Kellerraum.
Über dem Eingang war der Name
BISMARCK
auf der Rückseite des Bauwerks die Daten zum 100. Geburtstag Bismarcks
1815 – 1915
zu lesen.
Auf der Westseite wurde 1934 ein Hakenkreuzrelief mit der Jahreszahl 1933 angebracht, welches 1945 wieder entfernt wurde (Aussparung ist noch erkennbar).
Die Bauausführung erfolgte zunächst durch Bauunternehmer und Maurermeister Eberhard Heitger aus Günne, die in den Jahren 1920 und 1921 durch Maurermeister Wappelhorst aus Körbecke fortgeführt wurde. Die Fertigstellung des Aussichtsturmes ohne Feuerschale erfolgte durch Meister Haverland aus Ampen.
Turmgeschichte
1933-1945
Von Mai 1933 bis 1936 übernahm der Turmwächter Ferdinand Bäcker aus Wippringsen die Öffnung des Turmes. Doch bereits 1936 wurde das Bauwerk von Soldaten der Deutschen Kriegsmarine benutzt.
Von 1939 bis 1945 diente der Turm der Deutschen Luftwaffe als Beobachtungsposten, bis 1941 zunächst als Beobachtungsposten für Wald- und Feldbrände und ab 1941 bis zum Kriegsende als Flugmeldeposten.
1946-1984
Kurz nach Kriegsende entfernte man das Hakenkreuzrelief auf der Westseite. Bis 1958 blieb der Bismarckturm für Besucher verschlossen. Im gleichen Jahr wurde eine Relaisstation (Funk) eingerichtet. Eine Öffnung für Besucher war weiterhin nicht möglich. Im Jahr 1979 setzte sich der „Heimatverein Möhnesee e.V.“ unter Vorsitz von Prof. Dr. Wilfried Stichmann dafür ein, den Bismarckturm wieder zugänglich zu machen. Der Heimatverein teilte am 14.03.1984 dem Oberkreisdirektor mit, dass ein „Förderverein Bismarckturm“ gegründet werde, um sich der Zugänglichmachung des Turmes anzunehmen. Am 05.04.1984 konstituierte sich der Förderverein in Wippringsen (Vorsitzender Wilhelm Bracht bis 21.10.1986, danach Fritz Schwarzkopp). Die Eintragung ins Vereinsregister erfolgte am 19.12.1984.
1985-1989
Der Kreis Soest investierte im Jahr 1985 40.000 DM für bauliche Verbesserungen des Bismarckturmes. Nach Vorschlägen des Vereins zur Gestaltung des Turmes, für einen neuen Zufahrtsweg und die Anlage von Parkplätzen stellte der Kreis Soest im Jahre 1986 100.000 DM zur Verfügung.
Die Sanierungsarbeiten dauerten bis Anfang 1987. Der Turmkopf wurde zu einem flachen Turmabschluss mit Bleidach umgebaut und mit einer achteckigen Glaskuppel versehen. Am 21.05.1987 übergab der Hausherr, Oberkreisdirektor Rolf Harling, den Schlüssel des Turmes an Otto Mantel, den Vorsitzenden des Heimatvereins Möhnesee. Am So., 24.05.1987 wurde das Bauwerk erstmals seit über fünfzig Jahren ganztägig geöffnet.
Innen wurde der Turm mit Anschauungsmaterial über die Geschichte des Turmes und der ihn umgebenden Landschaft ausgestattet.
Der Nutzungsvertrag zwischen dem Kreis Soest und dem Heimatverein wurde am 11.08.1987 unterzeichnet, der Förderverein löste sich am 06.01.1989 auf, da seine Aufgaben erfüllt waren.
1990-heute
In den Jahren 2001 und 2007 wurden am Turm Sanierungsarbeiten durchgeführt. Im Herbst 2007 mussten Witterungsschäden am Mauerwerk beseitigt werden. Die Kosten von 125.000 € teilten sich der Kreis Soest und das Land Nordrhein-Westfalen.
Am 19.08.2009 hielt Jörg Bielefeld nach Einladung des "Heimatverein Möhnesee" im "Ludwig-Kleffmann-Haus" einen Vortrag über die Geschichte des Bismarckturmes Delecke.
Im September 2009 wurde eine Jubiläumsfeier zum 75. Jahrestag der Einweihung durchgeführt.
Im Jahr 2024 ist im Keller des Turmes eine geologische Ausstellung untergebracht.
Öffnungszeiten (Stand: Oktober 2024)
Der Bismarckturm ist sonn- und feiertags von 10:00 bis 12:30 Uhr in den Monaten Mai bis Oktober (in den NRW-Ferien zusätzlich dienstags ab 10:00 Uhr) bei guten Sichtverhältnissen geöffnet.
Eintritt: 1 € (Erwachsene), Kinder frei
Aussicht
Richtung Norden hat man, gutes Wetter vorausgesetzt, Aussicht auf Soest und die Beckumer Berge, im Osten auf Erwitte und den Teutoburger Wald. Nach Westen hin hat man eine gute Sicht auf Ense, die Kraftwerke an der Lippe und den Dortmunder „Florian“. Nach Süden hin kann man den Möhnesee und den Arnsberger Wald erkennen.
Links
Koordinaten und Kartenmaterial
Bismarckturm Delecke bei Reiseführer Möhnesee
Quellen
- Archiv Seele, Mannheim (Bismarck-Turm von Soest/NRW); privates Archiv
- Sieglinde Seele / Günter Kloss: "Bismarck-Türme und Bismarck-Säulen", Michael Imhof-Verlag, Fulda 1997, S. 150
- Sieglinde Seele: "Lexikon der Bismarck-Denkmäler", Michael-Imhof-Verlag, Fulda 2005, S. 95/96
- von Bismarck, Valentin: Bismarck-Feuersäulen u. Türme (unveröffentlichtes Manuskript); Nr. 206: "Bismarck-Feuersäule zu Körbecke, Kreis Soest"
- Zeitschrift des Bismarck-Bundes: 11. Jahrgang 1913 (Nr. 2, S. 26; Nr. 11/12, S. 171)
- Fritz Schwarzkopp: "Der Bismarckturm am Haarstrang in der Feldflur Delecke" in "800 Jahre Delecke 1191 - 1991", Vereinsdruck 1991, S. 173 - 177
- Wilhelm Bracht: "Geschichte des Bismarckturms auf der Haarhöhe über dem Möhnesee", Teil 1 (1912 - 1915) und Teil 2 (1919 - 1939), persönliche Aufzeichnungen von W. Bracht
- Ulrich Löer: "Der Bismarckturm auf der Haar" in Soester Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Heimatpflege Soest, Heft 85, 1973; S. 120-125
- Jörg Bielefeld: "75 Jahre Bismarckturm in Delecke - Inflation sorgte für dramatischen Anstieg der Baukosten" in Heimatkalender Kreis Soest 2009, Kreist Soest, S. 79-82
- A. Franz / Jörg Bielefeld: "75 Jahre Bismarckturm in Delecke - Der bekannte Aussichtsturm auf dem Haarstrang!" in ense-press Ausgabe Nr. 118 vom 25.09.2009
- Flyer Heimatverein Möhnesee: "Bismarck-Turm auf dem Haarstrang oberhalb des Möhnesees" (undatiert, ca. 2009)
- Soester Anzeiger: 01.04.1912; 15.04.1912; 18.04.1912; 08.05.1912; 11.05.1912; 12.06.1912; 06.02.1913; 15.02.1913; 31.03.1913; 02.04.1913; 10.05.1913; 21.06.1913; 31.07.1913; 16.08.1913; 20.10.1913; 30.08.1913; 23.10.1913; 21.02.1914; 05.03.1914; 19.03.1914; 25.03.1914; 28.03.1914; 02.04.1914; 05.05.1914; 26.08.1914; 31.03.1915; 01.04.1915; 28.08.1919; 01.05.1920; 31.08.1920; 02.10.1920; 01.11.1920; 11.12.1920; 09.04.1921; 21.05.1921; 06.02.1922; 24.12.1924; 25.03.1927; 26.03.1927; 05.08.1927; 09.10.1930; 16.03.1933; 17.03.1933; 18.03.1933; 08.04.1933; 31.07.1933; 05.09.1933; 22.03.1934; 24.03.1934; 27.03.1934; 29.03.1934; 31.03.1934; 03.04.1934
- Central-Volksblatt für den Regierungsbezirk Arnsberg: 30.05.1912; 07.03.1914; 04.09.1919
- Dortmunder Zeitung: 19.03.1913; 29.07.1913; 23.05.1921
- General-Anzeiger für Dortmund und die Provinz Westfalen: 06.12.1913; 02.04.1914
- Iserlohner Kreisanzeiger: 11.03.1914
- Castroper Zeitung: 04.06.1915
- Castrop-Rauxeler-Volkszeitung: 08.08.1927
- Westfalenpost: 13.06.1986; 23.10.1986; 29.10.1986; 08.05.1987; 22.05.1987
- Soester Anzeiger: 21.08.2009; 20.03.1987
- Schreiben von Regine Gebhardt von Holstein aus Möhnesee vom 05.10.1989
Fotografen
- Dr. Wolfgang Seele, Mannheim (September 1985)
- Jörg Bielefeld, Leverkusen (Februar 2001, Juni 2002, Mai 2008, Juni 2008, April 2017)
- Heimatverein Möhnesee (Turmjubiläum September 2009)
- Stephan Weinholz, Halle (Saale) (August 2024)
Übersichtskarte Standort Bismarckturm
Der genaue Standort ist über die Links zu Google Maps / Google Earth (s.o.) zu finden.
Bildergalerie Bismarckturm Delecke (Gemeindeverband Möhnesee)
Foto Bismarckturm Delecke 1936 (HK-Relief unkenntlich gemacht)
Ansichtskartenmotiv Turmstumpf Bismarckturm Delecke 1932 (HK-Motiv auf Fahne unkenntlich gemacht)
Foto Bismarckturm Delecke Februar 2001
Foto Bismarckturm Delecke Juni 2002
Foto Treppenhaus Bismarckturm Delecke Mai 2008
Foto Bismarckturm Delecke September 1985
Plakat Turmjubiläum 2009, Motiv von F. J. Lahme
Foto Bismarckturm Delecke August 2024
Foto Treppe in den Keller vom Bismarckturm Delecke August 2024
Foto Treppenaufgang Bismarckturm Delecke August 2024
Foto Plattform Bismarckturm Delecke August 2024
Foto Ausblick Bismarckturm Delecke August 2024
Foto geologische Ausstellung im Bismarckturm Delecke August 2024
Foto Treppenaufgang Bismarckturm Delecke August 2024
Ansichtskartenmotive: Bismarckturm-Archiv Jörg Bielefeld, Leverkusen
Fotografien: Jörg Bielefeld, Leverkusen, ansonsten siehe jeweiliges Foto (Erlaubnis des Fotografen)
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