Vom Turm zum Wohnhaus
Der Bismarckturm in Mühlhausen
Als Initiator des Bismarck-Turmes gilt der ehemalige Besitzer des Gebäudes, Oberstleutnant a.D. und Gutsbesitzer Wilhelm Werneburg aus Weidensee.
Bereits am 14.01.1905 hatte der „Städtische Verein“ (Verschönerungsverein) einstimmig für den Bau eines Bismarckturmes auf dem Rieseniger Berg (Höchster Punkt im Stadtpark) gestimmt.
Der 1905 geplante Bismarckturm sollte eine Höhe von 17 m erreichen und im Parterre sollte ein Restaurant untergebracht werden. Ein Mühlhauser Bürger hatte für den Bau des ca. 13.000 Mark teuren Turmes bereits 1.000 Mark gestiftet. Doch die Pläne wurden aus unbekannten Gründen nicht realisiert.
Bauplanung
Der Turm wurde im Jahr 1908 als "Haus in der Obstanlage vor dem Stadtwalde für den Gutsbesitzer Herrn Wilhelm Werneburg" von Architekt K. Louis Müller aus Mühlhausen konzipiert und errichtet.
Kurz danach erfolgte die Umbenennung und Umgestaltung des Gebäudes in einen "Bismarckturm". Die Umgestaltung erfolgte durch ein rechtsseitig der Eingangstür angebrachtes bronzenes Bismarck-Medaillon und eine Wand-Inschrift unterhalb des Medaillons. Auf der Rückseite des Gebäudes wurde ebenfalls eine Inschrift angebracht.
Turmbeschreibung
Der ursprüngliche dreistöckige Aussichtsturm ohne Feuerschale hatte einen quadratischen Grundriss (5,65 m x 5,65 m). Oberhalb der ersten Etage waren die Wände des Bauwerkes mit Schiefer verkleidet.
Auf dem Turmkopf war, leicht auskragend, ein Aussichtsplateau (5,75 m x 5,75 m) mit Brüstungsgeländer geschaffen worden.
An der Außenwand des Bismarckturmes, rechtsseitig der Eingangstür, befand sich ein bronzenes Bismarck-Medaillon, darunter die Wand-Inschrift
Fürst Bismark.
Du herrlich starker Geist, der Deutschland wieder einte,
Du mächtigster der Helden.
In Deutscher Herzen wirst Du niemals sterben!
So möge dieser Bau,
Zu Ehren Dir geweiht,
Fest stehn bis in die fernste Zeit!
Turmgeschichte
1908-1937
Im Jahr 1910 erfolgte der Anbau eines Wohnhauses. Auch der Anbau erhielt ein Aussichtsplateau mit Brüstungsgelände, zusätzlich erhöht durch eine Pergola.
Das Gebäudeensemble ging einige Jahre später in das Eigentum des Evangelisch-Lutherischen Jünglingsbundes über und wurde bis ca. 1937 als Bundesheim genutzt. Im Erdgeschoss des nicht unterkellerten Bismarckturmes wurde eine Übernachtungsstätte für Jugendliche mit zweistöckigen Feldbetten eingerichtet.
1938-1948
Im Jahr 1938 erwarb ein Mühlhäuser Fleischermeister das Gebäudeensemble als Zweitwohnsitz. Geländer und Pergola sowie das Bismarck-Medaillon rechtsseitig der Eingangstür waren nicht mehr vorhanden.
Kurz vor Kriegsende, Anfang April 1945, ließ der Mühlhäuser Fleischermeister die Erdgeschossfenster zumauern und versah diese teilweise mit Stahlgittern, um das Gebäude vor den anrückenden amerikanischen Truppen zu schützen. Die Haustür wurde mit schweren Stahlbändern gesichert, der Zugang erfolgte durch die ehemalige Übernachtungsstätte, deren Außentür mit Stahlblech beschlagen war.
Nach Abzug der Amerikaner Ende Juni 1945 quartierten sich 16 sowjetische Offiziere für mehrere Monate im Haus ein.
Im Jahr 1948 wurde das Gebäudeensemble von der Sowjetarmee für mehrere Monate beschlagnahmt. Anschließend diente es wieder als Wohnhaus.
1949 bis heute
Die zugemauerten Fenster wurden zu einem unbekannten Zeitpunkt wieder geöffnet, Wohnhaus und Turm erhielten ein Dach.
Das zwischen März 2004 und Mai 2012 umfangreich sanierte Wohnhaus (Am Stadtwald 88) wird heute noch bewohnt (Stand: 2024).
Die Wand-Inschrift auf der Vorderseite wurde zwischen März 2004 und Mai 2012 übermalt.
Anmerkungen
Nach Hinweis von Bismarckdenkmal-Forscherin Sieglinde Seele aus Mannheim ist es wahrscheinlich, dass Wilhelm Werneburg der Bürger war, der im Jahre 1905 insgesamt 1.000 Mark für den Bau eines Bismarckturmes gespendet hatte. Nach Zerschlagung der Pläne zur Errichtung eines Bismarckturmes auf dem Rieseniger Berg funktionierte er das von ihm errichtete Obstlager- und Wächterhaus in einen Bismarckturm um.
Links
Koordinaten und Kartenmaterial (noch nicht verfügbar)
Quellen
- Seele, Sieglinde, Mannheim (Archiv Seele): Bismarck-Turm von Mühlhausen (Thüringen)
- Seele, Sieglinde: Lexikon der Bismarck-Denkmäler, Imhof-Verlag Petersberg, 2005, S. 277-278
- Zeitschrift des Bismarck-Bundes: 3. Jahrgang 1905 (Nr. 5, S. 6 + Nr. 8, S. 10)
- Beyrodt, Dr. Martin: Zur Geschichte des Hauses "Am Stadtwald 88" in Mühlhausen/Thür., Manuskript mit persönlichen Erinnerungen zur Geschichte des Hauses von 1938 bis 1948
Fotografen / Bildmaterial
- Jörg Bielefeld, Leverkusen (März 2004 , Mai 2012)
- Ralph Männchen, Dresden (Mai 2016)
- Sieglinde Seele, Mannheim (historische Ansichtskartenmotive)
- Dr. Martin Beyrodt, Ostseebad Nienhagen (historische Ansichtskartenmotive)
Übersichtskarte Standort Bismarckturm
Der genaue Standort ist über die Links zu Google Maps / Google Earth (s.o.) zu finden.
Bildergalerie Bismarckturm Mühlhausen
Foto Bismarckturm Mühlhausen März 2004 mit verblasster Bismarck-Inschrift
Foto Bismarckturm Mühlhausen März 2004
Foto Bismarckturm Mühlhausen März 2004 mit verblasster Bismarck-Inschrift
Ausschnitt Ansichtskartenmotiv 1914 Bismarckturm Mühlhausen mit Bismarck-Medaillon und Inschrift
Ansichtskartenmotive: Bismarckturm-Archiv Jörg Bielefeld, Leverkusen
Fotografien: Jörg Bielefeld, Leverkusen, ansonsten siehe jeweiliges Foto (Erlaubnis des Fotografen)
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