Der Bismarckturm auf dem Leuchtberg
Der Bismarckturm in Eschwege
Bauplanung
1823-1899 (Vorläufer)
Ab dem Jahr 1823 wurde der Leuchtberg (ursprünglich Lich-, später Leichberg genannt) von Landbaumeister und Ingenieur Anton Jakob Spangenberg (*1796-†1886) als Naherholungsgebiet erschlossen und ab 1825 zum „Hausberg der Eschweger“ ausgebaut.
Ab 1870/1871 wurde der Leuchtberg zentraler Punkt des gesellschaftlichen Lebens ins Eschwege, viele Feste fanden in der im Jahr 1877 errichteten Leuchtberg-Halle und dem zugehörigen Festplatz statt.
Im August 1885 wurde nach Ideen des "Werratal Verein 1883 e.V." (WTV) erstmals über den Bau eines Leuchtberg-Turmes diskutiert. Die erhofften Spenden für den Turmbau blieben jedoch aus.
Auf dem Berg stand zuvor ein mittelalterlicher Wartturm, der bis 1825 zugänglich, im Jahr 1885 aber bereits verfallen war.
Der örtliche Kriegerverein bildete 1888 ein Komitee, um auf dem Leuchtberg einen Kaiser-Friedrich-Turm zu Ehren des Eschweger "Schulpatrons Friedrich Wilhelm“ zu errichten. Dabei kam es innerhalb des Komitees zu der Diskussion, ob der Turm auch zu Ehren des verstorbenen Kaisers Wilhelm I. benannt werden müsste. Es kam zu keiner Einigung, im November 1888 löste sich das Komitee auf.
Im Jahr 1891 plante die Sektion Eschwege (heute: Zweigverein Eschwege e.V.) des WTV unter Vorsitz von Dr. Wilhelm Brill auf dem Großen Leuchtberg (318,70 m über NN) einen Aussichtsturm zu errichten. Im Oktober 1891 rief Dr. Brill in der Zeitung zu einer Spenden-Sammlung auf.
Im Jahr 1892 veranstaltete der WTV mehrere Abendunterhaltungen zum Besten des Turmbaus.
1900-1901
Im Sommer 1900 wurde angeregt, dieses Bauwerk als Bismarckturm zu Ehren des 1898 verstorbenen Otto von Bismarck zu realisieren. Drei Vorentwürfe für einen ca. 16 m hohen Bismarckturm mit Baukosten zwischen 9.500 und 16.000 Mark wurden erstellt. Am 22.10.1900 fand im Eschweger Rathaus eine diesbezügliche Besprechung von etwa zwanzig Bürgern statt, die daraufhin am 25.10.1900 in der Zeitung einen Aufruf zur Spendensammlung veröffentlichten.
Durch Schenkungen der ehemaligen Kaufmannsgilde, des Ruderklubs, des WTV und des verstorbenen Rentiers Ernst Friedrich Heinemann war bereits ein Grundstock von 3.900 Mark für den geplanten Bismarckturm vorhanden.
Es wurde ein "Ausschuss zur Errichtung eines Bismarck-Turmes" unter Vorsitz von Bürgermeister Heinrich Vocke gebildet.
Bereits im November 1900 waren 11.000 Mark an Spenden zusammen und weitere Spenden in Aussicht gestellt worden, sodass der Baubeginn für das Jahr 1901 geplant wurde.
1902-1903
Nachdem Kreisbauinspektor Hans Behrendt aus Eschwege kostenlos einen Turm-Entwurf gefertigt hatte, von dem Stadtbaumeister Albig und Volkner ein Miniaturmodell erstellt hatten, konnten die Ausschachtungsarbeiten im April 1902 beginnen.
Die feierliche Grundsteinlegung fand am 23.06.1902 statt. Aus der verfallenen mittelalterlichen Warte hatte man einen Stein herausgesucht, in den eine Urne eingelassen wurde. Dieser Grundstein wurde an der Innenseite der südlichen Umfassungsmauer eingesetzt. Die obligatorischen drei Hammerschläge wurden von Bürgermeister Vocke, Stadtverordnetenvorsteher-Stellvertreter Georg Wagner, Kreisbauinspektor Behrend und Architekt Chr. Holzapfel ausgeführt.
Die ursprünglich für den 01.04.1903 geplante Einweihung musste wegen einer witterungsbedingten Unterbrechung der Bauarbeiten Mitte Oktober 1902 verschoben werden.
Der Landrat des Kreises Eschwege, Alexander von Keudell, stiftete im Januar 1903 das Bismarck-Relief für den Turm. Die ursprünglich geplante Turm-Höhe (25 m) wurde aus architektonischen Gründen auf 26 m erhöht.
Die Gesamtkosten des Turmes (35.561,51 Mark) wurden zum großen Teil durch Spenden der Bürgerschaft und außerhalb wohnender ehemaliger Eschweger (21.939 Mark) sowie Ehrenaktien (2.960 Mark) aufgebracht (Restsumme siehe unter Turmgeschichte).
Bauarbeiten
Die Bauleitung übernahm Stadtbaumeister Albig aus Eschwege. Gebaut wurde der Turm von den Baufirmen Reinhard Holzapfel und Co. sowie Fr. Saame.
Weitere an der Bauausführung beteiligte Handwerker
Polier: Franz Adam (Aue)
Steinhauer: Wilhelm Schäfer, August Holzapfel (beide Eschwege), Karl Scharf (Aue), Wilhelm Höch (Schwebda), August Narbe und Kaczmarek (beide Grebendorf)
Schlossermeister: Louis Trümper
Tischlermeister: Georg Müller
Glasermeister: Gustav Rückhardt
Das Baumaterial, graugrüne Sandsteine, wurde aus den Steinbrüchen der Firma C. Dietzel bei Altenburschla an der Werra entnommen. Den Transport der Sandsteine zur Baustelle erledigten die Fuhrunternehmer Heinrich und Joseph Kremmer aus Wanfried und Chr. Humpf jun. aus Eschwege.
Turmbeschreibung
Der 26 m hohe Aussichtsturm mit Befeuerungsvorrichtung hat einen quadratischen Grundriss von 8 m x 8 m.
Über 7 Steinstufen ist der östlich gelegene Eingang erreichbar. Durch den Eingang gelangt man in den Innenraum, von dem aus hinten eine Treppe nach unten führt.
Eine weitere Treppe führt nach oben. Die rechtsdrehende Innentreppe mit ursprünglich 23 Steinstufen (seit 1987: 27 Steinstufen in drei Absätzen) führt zum unteren, einen Meter breiten Umgang mit Austritt auf der Ostseite. Die quadratische Grundfläche beträgt in Höhe des unteren Umgangs 5,50 m x 5,50 m.
Über eine Metalltreppe (erst mittig, dann linksdrehend) erreicht man nach 61 Stufen vier halbrunde, offene Ausgucke. Über weitere 21 Stufen gelangt man zum oberen Aussichtsumgang (insgesamt: 109 Stufen).
Auf den pilasterartigen Vorbauten an den vier Ecken des Sockelgeschosses ruht als Abschluss das Gesims, welches einen umlaufenden Balkon (unterer Umgang) trägt. Dieser ist jeweils durch 3 Segmentbögen unterfangen, die auf abgetreppten Kämpfern ruhen.
Der sich nach oben hin leicht verjüngende Turmschaft endet in 21 m Höhe oberhalb der vier seitlichen Aussichtsöffnungen in einem Gesims mit umlaufendem Balkon des oberen Umgangs. Die Turmplattform ist auf allen Seiten mittig oberhalb der Aussichtsöffnungen mit einem Fries versehen. Auf zurückgesetztem Grundriss der Turmplattform ist eine achteckige Haube aufgesetzt.
Auf der aufgesetzten Haube wurde eine achteckige Feuerpfanne (2,80 m [nach anderer Quelle 3,80 m] Durchmesser, Kosten: 1.800 Mark) fest eingemauert. Um den Rand der Feuerpfanne wurde ein Eisengerüst aufgestellt. Am Rand wurden senkrecht stehende Gerüsthölzer angebracht. In die Mitte der Feuerschale stapelte man Teertonnen pyramidenförmig übereinander, die mit Brennmaterial (Lohkuchen) gefüllt waren. In die Zwischenräume steckte man Scheitholz, Reisig und Lohkuchen. Nach Entzündung brannte das Material 1 - 1,5 Stunden bei einer Flammenhöhe von über 6 Metern.
Über dem Eingang wurde ein lorbeerumsäumtes Bismarck-Relief aus Bronze, entworfen von Bildhauer Ernst Wenck aus Berlin, gefertigt von der Gladenbeckschen Firma in Berlin mit der seitlichen Inschrift:
WIR DEUTSCHE
FÜRCHTEN GOTT
SONST NICHTS
IN DER WELT
DON. A. v. KEUDELL
[Bismarck-Wappen] [Reichs-Wappen]
angebracht.
Unterhalb der Aussichtsöffnungen, im oberen Drittel des Turmes, ist umlaufend die Inschrift
Ostseite:
BISMARCK ZUR EHRE
[Bismarck-Wappen]
Südseite:
VERGANGENEN ZUM
GEDAECHTNIS
Westseite:
LEBENDEN ZUR FREUDE
[Wappen von Eschwege]
Nordseite:
ZUKUENFTIGEN ZUR
MAHNUNG
zu lesen.
Turmgeschichte
1903-1904
Am 02.09.1903 (Sedantag) fand die
Einweihung
des Bismarckturmes unter großer Beteiligung der Bevölkerung statt. Die Glocken von allen Kirchtürmen läuteten, als um 14:30 Uhr ein Festzug mit weit über 1.000 Teilnehmern zum Turm marschierte. Schulklassen und Mitglieder verschiedener Vereine versammelten sich auf dem Leuchtberg. Als Ehrengäste waren Regierungspräsident August von Trott zu Solz, Landeshauptmann Riedesel Freiherr zu Eisenbach und Landrat Alexander von Keudell anwesend.
Zu Beginn der Einweihungszeremonie übergab Architekt Chr. Holzapfel den Turmschlüssel an Bauinspektor Behrendt, der nach einer Festrede den Schlüssel an Bürgermeister Vocke weiterreichte. Die anschließende Feier fand in der Leuchtberghalle statt. Von dort aus ging es zum Stadtpark zum Festkommers, bei dem in den Abendstunden das Bauwerk erstmals befeuert wurde. Auf den Altanen des Turmes wurde zusätzlich Rotfeuer entzündet.
In der Abgeordnetenversammlung vom 23.02.1904 wurde der Antrag, die Restschuld von knapp 11.000 Mark von der Stadt Eschwege begleichen zu lassen, abgelehnt. Im April 1904 wurde der Eschweger Bismarckturmverein gegründet, der das inzwischen von der Kreissparkasse erteilte Darlehen abtragen wollte und die Unterhaltung des Turmes übernahm. Ein Invalide beaufsichtigte den Turm, verkaufte Ansichtskarten und unterhielt einen Ausschank.
1905-1949
Erst nach 1906 konnte durch finanzielle Mittel der Gustav-Schäfer-Stiftung die Restsumme der Baukosten beglichen werden.
Seit 1927 wurde am Turm das Johannisfest (Heimatfest der Eschweger Anfang Juli) durchgeführt. Der Turm wurde anfangs befeuert, später wurden wegen der Waldbrandgefahr rote, elektrische Glühbirnen verwendet.
Das Johannisfest fand in den Jahren 1940 bis 1948 in Eschwege nicht statt, seit 1949 wurde der Turm mit Scheinwerfern angestrahlt.
Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Bismarck-Relief von Kugeln amerikanischer Soldaten durchlöchert.
Um 1949 wurde das Bauwerk ohne Anwesenheit einer Turmaufsicht für Besucher geöffnet.
1950-1986
Ab 1953 wurde Turmwächter Schülbe angestellt, der das Bauwerk im Sommer täglich von 10:00 bis 18:00 Uhr (sonntags von 08:00 bis 20:00 Uhr) zusammen mit seiner Frau öffnete und einen kleinen Verkaufsstand mit Erfrischungen betrieb.
Anfang 1981 beschloss der Magistrat, den Aussichtsturm wegen Rostschäden im Bereich der Stahltreppe zu sperren. Bei einer Überprüfung des Turmes wurden zudem Vandalismusschäden am Geländerbereich sowie an den Fenstern festgestellt. Für die Sanierung des Bauwerkes waren 1983 insgesamt 75.000 DM eingeplant.
1987 bis heute
Eine Sanierung konnte aufgrund fehlender Geldmittel erst 1987 durchgeführt werden
Bei der 75.000 DM teuren Sanierung wurden die Treppen zur Aussichtsplattform erneuert, die Zwischendecken saniert und der Austritt geändert. Der Turm wird seit November 2001 allabendlich durch Scheinwerfer illuminiert.
Im Sommer 2003 wurde ein Förderverein gegründet, um Geldmittel für die Restaurierung des Turmes zu sammeln (Ende August 2003 hatte der Förderkreis bereits 70 Mitglieder).
Die Sanierung konnte im Jahr 2006 erfolgreich abgeschlossen werden. Der Förderverein wurde danach aufgelöst.
Öffnungszeiten
(Stand: Juli 2024)
Von März bis November täglich durchgehend geöffnet.
Der Schlüssel kann außerhalb der Öffnungszeiten bei der Touristikinformation Eschwege gegen Pfand ausgeliehen werden.
Links
Koordinaten und Kartenmaterial
Bismarckturm Eschwege bei Werratal Tourismus
Quellen
- Seele, Sieglinde: Lexikon der Bismarck-Denkmäler, Imhof-Verlag Petersberg, 2005, S. 135
- Seele, Sieglinde, Mannheim (Archiv Seele): BISMARCK-TURM von ESCHWEGE (Hessen)
- von Bismarck, Valentin: Bismarck-Feuersäulen u. Türme (unveröffentlichtes Manuskript); Nr. 95 "Bismarck-Feuersäule zu Eschwege a. Werra", 1900 - 1915, 1937 (im Archiv der Burschenschaft Alemannia, Bonn)
- Zeitschrift des Bismarck-Bundes: 1. Jg. 1903 (Heft 3, S. 5; Heft 5, S. 9); 2. Jg. 1904 (Heft 6, S. 3; Heft 11/12, S. 10) 5. Jg. 1907 (Beilage: „Die Bismarck-Feuersäule“)
- Zietz, Peer: "Der Bismarckturm in Eschwege" in Hessische Heimat, 40. Jg. 1990, Heft 1, S. 23-27
- Beck, Hanno: "Der Leuchtberg - Wahrzeichen Eschweges" in "Das Werraland" 16 (1964), Heft 2, S. 24-31
- Mitteilungsblatt „Unsere alte Penne“, Ehemaligen-Vereinigung der FWS und der Eschweger Gymnasien e.V., 42. Jahrgang, Ausgabe 83 (Juni 2003), S. 1 - 2
- Berliner Neueste Nachrichten, Nr. 552 vom 25.11.1900
- Kunsthalle Nr. 10 vom 15.02.1903
- Hess. Nachrichten vom 29.08.1953: "Bismarckturm - Ein Werk der Heimatkunst"
- Werra-Rundschau, 16. Jg., Nr. 153 vom 08.07.1963, S. 3: "60 Jahre Bismarckturm auf dem Leuchtberg"
- Werra Rundschau vom 29.08.1953; 01.10.1980; 30.01.1982; 17.03.1982; 30.08.2003;
Fotografen
- Jörg Bielefeld, Leverkusen (März 2004)
- Lars Lenzner, Hückeswagen (Juni 2006)
- Richy Oelke, Kelkheim (April 2018)
- Hans-Dieter Hirschmann, Haßloch (Oktober 2018)
- Ralph Männchen, Dresden (Juni 2020)
Übersichtskarte Standort Bismarckturm
Der genaue Standort ist über die Links zu Google Maps / Google Earth (s.o.) zu finden.
Bildergalerie Bismarckturm Eschwege
Ansichtskartenmotiv Fliegeraufnahme Bismarckturm Eschwege 1942
Ansichtskartenmotiv Aussicht vom Bismarckturm Eschwege undatiert
Foto Bismarckturm Eschwege April 2018
Foto Bismarckturm Eschwege April 2018
Foto Bismarckturm Eschwege April 2018
Foto Bismarckturm Eschwege (Detail) April 2018
Foto Bismarckturm Eschwege (Detail) April 2018
Foto Bismarckturm Eschwege Juni 2020
Foto Aufstieg Bismarckturm Eschwege Juni 2020
Foto Detail Bismarckturm Eschwege Juni 2020
Ansichtskartenmotive: Bismarckturm-Archiv Jörg Bielefeld, Leverkusen
Fotografien: Jörg Bielefeld, Leverkusen, ansonsten siehe jeweiliges Foto (Erlaubnis des Fotografen)
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