Der Monumentalturm am Starnberger See
Der Bismarckturm in Berg-Assenhausen
Vorbemerkungen Teil 1 - Die Bismarck-Verehrung in München
Noch in Bismarcks Amtszeit als Reichskanzler wurde Otto von Bismarck von der Stadt München geehrt. Bereits zu Bismarcks 70. Geburtstag im Jahr 1885 hatte der Magistrat der Stadt München eine Bismarckfeier durchgeführt.
Der Maler Franz von Lenbach (*1836–†1904), der Ende des 19. Jahrhunderts zu den bekanntesten Malern Münchens gehörte und von Bismarck mehrere Portraits fertigte, regte auf einer Huldigungsveranstaltung im März 1890 zu Ehren des gerade entlassenen Reichskanzlers den Bau eines Bismarckturmes an.
Daraufhin wurde eine „Vereinigung zur Ehrung Seiner Durchlaucht des Fürsten Bismarck“ unter Vorsitz des ersten Münchner Bürgermeisters Dr. Johannes von Widenmayer gegründet. Prinzregent Luitpold spendete 5.000 Mark als Startkapital für die Vereinigung.
Nach einer vorbereitenden Versammlung im April 1890 wurde am 07. Juni 1890 bei der Hauptversammlung ein Ausschuss von insgesamt 24 Mitgliedern gewählt, der mit der Ermittlung eines geeigneten Turmstandortes und mit der Sammlung von Spenden für den Bau beauftragt wurde.
Von 24. – 27. Juni 1892 besuchte der Ex-Reichskanzler auf einer Rundreise München und stieg bei seinem Portraitmaler Franz von Lenbach ab. Bismarck wurde offiziell in München empfangen, allein 3.000 Mitglieder studentischer Korporationen huldigten ihm.
Vorbemerkungen Teil 2 – Der Standort des Bismarckturmes
Der Maler Franz von Lenbach plädierte für einen Standort des Bauwerkes in „Gottes freier Natur, mit der sich der Alte [Bismarck] doch seinen Lebtag enger verwachsen fühlte“. So erwarb das Komitee ein Gelände auf der Rottmannshöhe, benannt nach dem deutschen Landschaftsmaler Carl Rottmann (*1797-†1850), der diesen Punkt als „lieblichste Gegend“ mit „Fernsicht über See und Berge“ beschrieb.
Die Rottmannshöhe als Standort des Bismarckturmes bot als Panoramaberg eine beeindruckende Aussicht auf den Starnberger See und das Voralpenland.
Bauplanung
1892-1894
Kurz nach dem Besuch Bismarcks in München fertigten der Münchner Bildhauer Adolf von Hildebrand (*1847–†1921) und der Architekt Theodor Fischer (*1862-†1938) Entwürfe für einen Bismarckturm. Ziel war dabei weniger ein ernsthafter Ausführungsvorschlag, sondern die Fokussierung des Interesses auf den Bau eines Bismarckturmes und die damit verbundene Spendenbereitschaft der Bevölkerung.
Nach dem Tode des Münchner Bürgermeisters Dr. Johannes von Widenmayer am 30. März 1893 gerieten die Spendensammlungen ins Stocken.
Erst Ende 1894 wurde das Ziel, einen Bismarckturm zu errichten, von einem neuen Komitee wieder aufgenommen. Am 05. Dezember 1894 erwarb man ein 9.172 Hektar großes Gelände südlich der Rottmannshöhe am Starnberger See. Die Rottmannshöhe war zu dieser Zeit seit einigen Jahren ein sehr gut frequentiertes Ziel von Touristen (allein am Pfingstsonntag 1897 kamen 37.000 Besucher) und für die Bewohner von München gut mit der Eisenbahn erreichbar. Mit Ausflugsschiffen wurden die Besucher bis zur Anlegestelle Leonie gebracht. Von dort aus führte eine Seilbahn die Rottmannshöhe bergauf.
1895
Am 26. Januar 1895 wurde aus der Vereinigung ein Bismarck-Verein unter Vorsitz des Direktors der Löwenbrauerei, Kommerzienrat Anton Hertrich gegründet. Zweiter Vorsitzender des Vereins war Franz von Lenbach, Schatzmeister wurde der Direktor der Bayerischen Handelsbank, Wilhelm von Pechmann. Der Bismarck-Verein benannte für den geplanten Turmbau einen Bismarck-Denkmal-Bauausschuss. Die Aufnahmegebühr in den Verein betrug 1.000 Mark, dazu kamen jährlich 20 Mark Mitgliedsbeitrag.
Mit einer geschätzten Bausumme von 300.000 Mark plante man ein monumentales Bismarck-Denkmal mit dem Anspruch eines Nationaldenkmals und ging mit einem erneuten Spendenaufruf an die Bevölkerung.
Am 16. Februar 1895 wurde ein Wettbewerb „unter allen bayerischen und in Bayern wohnenden Künstlern“ ausgerufen, um einen geeigneten Entwurf für einen „großen Aussichtsturm“ in „Verbindung mit einem Monument“ zu erhalten. Nach Begutachtung aller sechzehn eingereichter Entwürfe konnte sich das Preisgericht nicht auf einen geeigneten Entwurf festlegen, da die Verbindung zwischen Turm und Monument in den Entwürfen nicht optimal war.
Ende September 1895 wurde ein zweiter Wettbewerb ausgerufen, bei dem man achtzehn Künstler (incl. der Teilnehmer des ersten Wettbewerbes) zur Fertigung neuer Entwürfe aufforderte. Diesmal spezifizierte der Bismarck-Verein die Ausschreibung, indem man keinen „Aussichtsturm mit praktischen Absichten“, sondern ein „Wahrzeichen“ forderte, welches „Wallfahrtsstätte“ und „Stätte gemeinsamer Feiern“ sein sollte.
1896
Am 24. Februar 1896 entschied sich das Preisgericht, welches neben fünf Vertretern des Vereins auch aus acht Künstlern bestand, die selbst am Wettbewerb teilnahmen [!], aus acht eingereichten Entwürfen (mit 3 Gegenstimmen) für den Entwurf des Architekten Theodor Fischer. Dieses vergleichsweise kleine Bauwerk hatte die Form eines Denkmals mit einer Aussichtshalle. Der Entwurf versprach einen verhältnismäßig preisgünstigen Bau, der weit unterhalb der veranschlagten 300.000 Mark zu realisieren war. Auf einen großen Aussichtsturm als Lueginsland (ursprüngliche Planung) wurde aus Kostengründen verzichtet. Die anderen sieben Entwürfe wurden zu je 500 Mark angekauft, alle Teilnehmer des Wettbewerbs wurden zu Ehrenmitgliedern des Bismarck-Denkmal-Bauvereins ernannt.
Die Gesamtbaukosten betrugen 190.000 Mark.
Bauarbeiten
Theodor Fischer wurde am 25. April 1896 mit der Ausführung seines Entwurfes beauftragt. Die bildhauerischen Arbeiten wurden von Joseph Floßmann und Georg Wrba durchgeführt. Ausführender Baumeister war Joseph Zwiesler.
Die Baugenehmigung durch den Prinzregenten erfolgte am 25. August 1896.
Auf eine Grundsteinlegung wurde bewusst verzichtet.
Als Baumaterial für den Turm wurden Kalk- und Tuffstein verwendet. Der kupferne Adler auf der Turmspitze wurde von Kiehne geschaffen, das Bismarckwappen und das Reichsadlerrelief aus Sandstein wurden in der Erzgießerei „Renaissance“ (Johann Lampel) hergestellt.
Im Jahr 1898 stand der Turm bereits im Rohbau. Ende April 1899 waren Bildhauer Floßmann und seine Mitarbeiter mit der Fertigstellung der letzten Skulpturen beschäftigt. Im Juni 1899 konnten die Baumaßnahmen abgeschlossen werden.
Turmbeschreibung
Der 30 m hohe mehrstufige Turm besitzt einen massigen quadratischen Unterbau, von dem von allen Seiten mittig 3 m hohe Freitreppen zur Wandelhalle mit jeweils vier offenen Rundbögen auf jeder Seite führen. Über dem flach abfallenden Kupferdach der Wandelhalle erhebt sich der eigentliche Turmschaft, der unten mit einem einfach profilierten Gesims begrenzt ist. Der eigentliche Turmschaft schließt nach oben ebenfalls mit einem Gesims ab.
Das nach oben hin spitz zulaufende Dach wird von einem gegliederten Fries unterbrochen, der auf jeder Seite vier Pfeiler und drei lukenartige Nischen aufweist. Die Pfeiler tragen ein schmales Gebälk, auf dem das Dach nach oben spitz zuläuft und von einem umlaufenden, ornamentalen Band girlandenartig bekränzt wird und knaufartig abschließt. Ein auf einer Kugel aufgesetzter kupferner Adler (stilisierter Reichsadler) bekrönt das Bauwerk.
Wandelhalle
Über die nördliche Treppe erreicht man eine Bismarck-Widmungstafel in Bronze, die von Theodor Fischer entworfen und von Georg Wrba gefertigt worden ist. Am Rahmen der Widmungstafel sind die „Vorfahren Bismarcks im Geiste“ als Portraitköpfe angebracht (Karl der Große, Friedrich Barbarossa, Otto der Große, Joh. Wolfgang von Goethe, Albrecht Dürer und Ludwig von Beethoven).
Inschriften
Nord und Sued auf ewig eins
Ausgeloescht die Grenze des Mains
Heilloser Zwiespalt fuer immer begraben
Bayern und Pfaelzer Franken u. Schwaben
Wie sie mit Preussen u. Hessen u. Sachsen
Alle aus einem Stamme gewachsen
Also mit Allen und Allen gleich
Machtvoll geeinigt zum Deutschen Reich
Wer hat dies gewaltig Werk vollbracht
Und alle Feinde zu Schanden gemacht
Wem hat unser HERRGOTT die Kraft geschenkt
Und die Weisheit die alles zum Ziele gelenkt
OttO von BISMARCK heisst der
Mann
Der uns Deutschen das Reich gewann
Das deutsche Reich vom Fels zum Meer
Darum rage zu seiner Ehr
Auch an dieser Stelle das Mal
Kuende den Bergen u. kuende dem Thal
Was er geschaffen in grosser Zeit
Gott erhalt es in Ewigkeit.
In der Wandelhalle sind die Wappenschilde der Bundesstaaten und freien Städte angebracht.
An der Südseite der Halle ist folgende Steininschrift zu lesen:
VOM BISMARCK-
VEREIN ERRICHT
DURCH THEODOR
FISCHER u. BEGONNEN 1896
VOLLENDET 1899
BILDWERKE V.
J.FLOSSMAN
AVSFÜHRVNG V.I.ZWISLER.
Am nördlichen Aufgang zur Wandelhalle ist eine Bismarck-Widmungstafel aus Sandstein mit folgender Inschrift angebracht:
DIESES DENKMAL VON EINEM VER-EINE
PATRIOTISCHER MÄNNER ZVR IMMER=
WÄHRENDEN ERINNERVNG AN DEN
ERSTEN KANZLER DES DEVTSCHEN REICHS
FÜRST OTTO V. BISMARCK
ERRICHTET IST AM 1. JVLI 1899
IN EINEM FEIERLICHEN AKTE DER
STADTGEMEINDE MÜNCHEN ZVR OBHVT
VND ALS EIGENTVM ÜBERGEBEN WORDEN.
Seitenflächen des Turmes
An den Seitenflächen sind zahlreiche Reliefs mit Personendarstellungen angebracht, die einen inhaltlichen Zusammenhang mit der Geschichte des deutschen Volkes vermitteln sollen. Teilweise wird der siegreiche Kampf gegen Frankreich und die daraus resultierende deutsche Einigung bildlich thematisiert. Dabei werden u.a. Motive aus der Märchen- und Sagenwelt verwendet. Das Hauptrelief auf der Nordseite zeigt "Mutter" Germania, die die Vertreter der Hauptstämme des Kaiserreichs (symbolisiert durch Jünglingsgestalten) unter ihrem Mantel schützend zusammenhält. Darüber befindliche Engel halten die frei herausgearbeitete Kaiserkrone (Reliefs und Skulpturen werden hier nur in Auswahl beschrieben, Beschreibungen in der Festschrift, Quelle s.u.).
Südseite
Reichsadler mit Bismarck-Wappen als Herzschild und Unterschrift
IN TRINITATE ROBUR
Reliefmotiv: u.a. Storch mit Kind [Otto von Bismarck] auf dem Rücken und Inschrift
1. April 1815
Westseite
Reliefmotiv: u.a. Heldenjüngling im Kampf gegen einen Drachen und Befreiung einer Jungfrau
Nordseite
Reliefmotiv: u.a. Germania, die vier Bruderstämme unter ihrem Mantel schützend vereinigt (Sinnbild der deutschen Einheit)
Ostseite
Reliefmotiv: u.a. zwei männlichen Gestalten, die den Norden und Süden symbolisieren sollen
Südöstlich des Turmes befindet sich ein Brunnen aus Muschelkalkstein mit Bismarck-Ehrung als Quellenheiligtum mit der Inschrift:
A.D.
1899.
Der Reliefschmuck am Brunnen stammt von Georg Wrba.
Turmgeschichte
Bei der feierlichen Einweihung am 01.07.1899 waren der Ministerpräsident und Staatsminister, Freiherr Friedrich Krafft von Crailsheim als Vertreter des Prinzregenten, mehrere Minister, Rektoren, Offiziere, Künstler sowie zahlreiche Professoren und Studenten anwesend. Insgesamt waren 1.600 Gäste geladen worden. Die Festrede hielt Freiherr von Pechmann, danach überreichte Prof. von Lenbach als Vorsitzender des Bismarck-Vereins und des Denkmalausschusses die Schenkungsurkunde an den Münchner Bürgermeister Wilhelm Ritter von Borscht. Nach Niederlegung von Kränzen endete die Feier mit einem Festmahl im benachbarten Hotel.
Am 01.04.1901 wurde zu Bismarcks Geburtstag von einer Abordnung der Stadtverwaltung ein Lorbeerkranz am Bismarckturm niedergelegt. Am 01.04.1905, Bismarcks 90. Geburtstag, begaben sich mehrere Münchner Bürger zum Turm und legten einen Lorbeerkranz ab. Abends fand eine Bismarckfeier im Löwenbräukeller statt.
Eine Gedenkfeier am Bismarckturm wurde am 08.06.1906 im Rahmen der 12. Hauptversammlung des deutschen Neuphilologen-Verbandes durchgeführt.
Die Wandelhalle des Turmes ist seit der Einweihung ganzjährig zugänglich. Der Turm (als Ehrenturm ohne Feuerschale) wurde nicht als Aussichtsturm gebaut und kann nicht bestiegen werden.
Das Bauwerk war im Herbst 2023 in einem äußerlich sehr guten Zustand.
Links
Quellen
- Seele, Sieglinde: Lexikon der Bismarck-Denkmäler, Imhof-Verlag Petersberg, 2005, S. 38-39
- Seele, Sieglinde, Mannheim (Archiv Seele): BISMARCK-TURM am STARNBERGER SEE (Bayern)
- Krauskopf, Kai: „Bismarckdenkmäler – ein bizarrer Aufbruch in die Moderne“, Dölling und Gälitz-Verlag 2002, München
- von Bismarck, Valentin: Bismarck-Feuersäulen u. Türme (unveröffentlichtes Manuskript); Nr. 14 "Bismarckturm am Starnberger See", 1900 - 1915, 1937 (im Archiv der Burschenschaft Alemannia, Bonn)
- Zeitschrift des Bismarck-Bundes: 2. Jahrgang 1904 (Nr. 11/12, S. 5)
- Ehrhardt, Max: Bismarck im Denkmal des In- und Auslandes, Thüringische Verlags-Anstalt Eisenach-Leipzig, 1903, Nr. 104 "Das Bismarck-Denkmal am Starnberger See"
- Festschrift: „Der Bismarckturm am Starnberger See“, München 1900
- Süddeutsche Bauzeitung, IX. Jahrgang, Nr. 37 vom 16.09.1899, S. 291-292
Fotografen
- Jörg Bielefeld, Leverkusen (Mai 2007)
- Hans-Dieter Hirschmann, Haßloch (Juni 2009)
- Pascal Bellaire (Juli 2016)
Übersichtskarte Standort Bismarckturm
Der genaue Standort ist über die Links zu Google Maps / Google Earth (s.o.) zu finden.
Bildergalerie Bismarckturm Berg-Assenhausen
Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Berg-Assenhausen 1903
Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Berg-Assenhausen undatiert
Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Berg-Assenhausen 1921
Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Berg-Assenhausen undatiert
Foto Bismarckturm Berg-Assenhausen Mai 2007
Foto Bismarckturm Berg-Assenhausen Mai 2007
Foto Bismarckturm Berg-Assenhausen Mai 2007
Foto Bismarckturm Berg-Assenhausen Mai 2007
Foto Bismarckturm Berg-Assenhausen Mai 2007
Foto Bismarck-Relief am Bismarckturm Berg-Assenhausen Juli 2016
Foto Bismarckturm Berg-Assenhausen Juli 2016
Foto Relief am Bismarckturm Berg-Assenhausen Juli 2016
Ansichtskartenmotive: Bismarckturm-Archiv Jörg Bielefeld, Leverkusen
Fotografien: Jörg Bielefeld, Leverkusen, ansonsten siehe jeweiliges Foto (Erlaubnis des Fotografen)
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