Der nachträglich aufgestockte Turm
Der Bismarckturm in Wiehl
Vorbemerkung
Der Verschönerungsverein Wiehl plante seit mindestens 1897, einen Aussichtsturm in Wiehl zu errichten. Trotz durchgeführter Spendensammlungen konnten die Pläne nicht zeitnah realisiert werden.
Bauplanung
1907
Dr. Köster von der Burschenschaft Alemannia zu Bonn regte im Sommer 1907 den Bau eines Bismarckturmes in Wiehl beim Verschönerungsverein Wiehl an.
Es wurden ein Denkmalfonds gebildet und Spenden für den Turmbau gesammelt. Bereits im Januar 1908 war der Denkmalfonds auf 1.549,30 Mark angewachsen.
1908
Am 19.01.1908 wurde ein Bau-Komitee unter Vorsitz von Karl Dreibholz gebildet. Weitere Mitglieder waren u.a. Bürgermeister Willer, Dr. Köster und Hugo Rothstein.
Als Turm-Standort wählte das Komitee das Dörner Köpfchen (Gemeinde Wiehl, Flur 33, Parz. 1022/537). Das Baugrundstück wurde der Familie Linke abgekauft.
Entworfen wurde der Turm vom Architekten Otto Bubenzer (*1878–†1973) aus Rebbelroth, der einen Entwurf des Architekten Bruno Schmitz (aus dem Bismarcksäulen-Wettbewerb 1899) für die Wiehler Bedürfnisse umarbeitete.
Am 27.07.1908 wurde vom Vorsitzenden des örtlichen Verschönerungsvereins, Eugen Rothstein, beim Bürgermeisteramt in Wiehl die baupolizeiliche Genehmigung zur Errichtung eines Bismarckturms beantragt. Die Genehmigung wurde am 27.10.1908 erteilt.
Bis zum 30.07.1908 konnten 2.000 Mark an Spenden in der Wiehler Bevölkerung gesammelt werden. Am selben Tag wurde die Grundsteinlegung im Rahmen eines großen Festes durchgeführt.
Die Gesamtkosten für den Turmbau betrugen 6.000 Mark.
Bauarbeiten
Die Bauarbeiten begannen kurz nach Erteilung der Baugenehmigung Ende Oktober / Anfang November 1908.
Als Baumaterial für den Turm wurde Grauwacke verwendet. Die Steine wurden von der Bergisch-Märkischen Steinindustrie, der benötigte Kalk von den Vereinigten Wiehler Kalkwerken und der Sand von den Steinbrüchen August Oeser gespendet.
Die Bauarbeiten wurden von den Moniermeistern Wilhelm Dabringhausen und Becker ausgeführt.
Am 01.06.1909 war der Turm vollendet.
Turmbeschreibung (zur Zeit der Einweihung)
Der ursprünglich 15,60 m hohe Aussichtsturm mit Befeuerungsmöglichkeit hat einen regelmäßigen sechseckigen Grundriss mit einer Seitenlänge von 3,75 m. Der Durchmesser beträgt an der breitesten Stelle 7,50 m.
Über eine 0,20 m hohe Stufe auf der Nordseite des Turmes erreicht man das Eingangsportal (2,45 m x 1,00 m) mit flachbogigem Abschluss.
Das Erdgeschoss ist durch eine dreifache Stufung vom Turmschaft getrennt. Die Höhe der Stufung variiert wegen des schräg verlaufenen Untergrundes (Hangbauweise, Nordseite Höhe 2,65 m, Südseite Höhe 1,45 m).
Der 0,62 m hohe Schlussstein des Turmes mit eingehauenem Bismarck-Wappen wurde direkt über dem Eingang in den Bereich der dreifachen Stufung eingelassen.
Oberhalb des Einganges wurden in gleicher Höhe zwei eiserne Reliefs (davon ein eisernes Bismarck-Relief), gefertigt von der Firma Karl Breitenbach aus Elberfeld, angebracht.
Der Turmschaft verjüngt sich bis zur Unterkante der sechs Aussichtsgeschossfenster Fensteröffnungen in 12,70 m Höhe. In Höhe von 12 m (Aussichtsgeschoss) umläuft ein zweiteiliges Gurtgesims den Turmschaft.
Die sechs gleich großen rundbogigen Fenster (außen 0,35 m x 0,80 m, innen 0,55 m x 0,80 m) haben nach außen abgeschrägte Sohlbänke und Laibungen an allen Seiten.
Oberhalb von 12,70 m ist das Mauerwerk konkav geschwungen eingezogen und geht in einen runden Grundriss am Turmkopf in 15 m Höhe über. Den Turmabschluss bildete ein 0,60 m breites Hauptgesims.
Auf dieses Hauptgesims war eine schmiedeeiserne Feuerpfanne mit einem Durchmesser von 1,80 m angebracht, die ausschließlich mit Holz befeuert wurde.
Eine Eichenholz-Wendeltreppe, gebaut auf I-Trägern, führte ursprünglich zur Aussichtsplattform in Höhe von 12 m.
Turmgeschichte
1909-1931
Schon vor der Einweihungsfeier wurde der Turm zu Bismarcks Geburtstag am 01.04.1909 das erste Mal befeuert. Die Einweihungsfeier am 20.06.1909 fand im Rahmen eines großen Volksfestes statt. Eigentümer des Turmes war der Verschönerungsverein Wiehl (seit 1949 Heimatverein Wiehl).
1932-1963
Nach der Einweihung wurden auf dem Gelände um den Turm 15 Natur- und Holzbänke sowie zwei eiserne Sitzbänke aufgestellt.
Seit 1932 (außer in den Jahren 2001 und 2010) fand jährlich das Wiehler Heimatfest („Türmchenfest“) auf dem 4500 m² großen Gelände um den Bismarckturm statt.
Die ersten Sanierungsmaßnahmen wurden bereits 1949 durch den neuen Eigentümer (Heimatverein Wiehl) vorgenommen. Die Kosten trugen der Heimatverein (700 Mark) und die Stadt Wiehl (300 Mark). Dabei wurde die Eichenholztreppe durch eine Betontreppe mit 46 Stufen und ab dem 3. Geschoss (9,30 m) durch eine Spindeltreppe mit zehn Stufen ersetzt.
1964-1976
Im Jahr 1964 wurde der Kiefern- und Buchenwald rund um das Bauwerk zum Naturdenkmal erklärt.
Durch Witterungseinflüsse war der Bismarckturm im Jahr 1975 so stark geschädigt, dass über einen Abriss diskutiert wurde.
In den Jahren 1975/76 wurde der Turm im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen (Wiehler Heimatverein) durch Aufmauerung einer zwölfeckigen Aussichtsplattform aus Beton mit 1,10 m hohem Stahlgeländer auf 16,80 m erhöht. Die Feuerschale wurde dabei entfernt. Das Treppengeländer der Betontreppe wurde erneuert. Über eine neue einläufige Stahltreppe mit 15 Stufen war die zwölfeckige Betonplattform vom Aussichtsgeschoss her erreichbar. Die Kosten für die Sanierungsmaßnahmen lagen bei 40.000 DM, wovon 25.000 Mark durch Spenden sowie den Verkauf von „Bausteinen“ und der Rest durch Kredite getragen wurden.
Der Durchmesser der neuen oberen Aussichtsplattform beträgt 4,30 m. Der Betonboden der Plattform ist außerhalb der kreisrunden Ausstiegsöffnung 0,85 m breit.
Die Kosten für die Sanierung betrugen 40.000 DM, von denen 25.000 DM durch Spenden und den Verkauf von Bausteinen finanziert wurden.
Das Bauwerk wurde am 10.04.1976 als Aussichtsturm wiedereröffnet.
1977-2010
Am 25.02.1982 wurde der Turm in die Denkmalliste eingetragen und steht seitdem unter Denkmalschutz.
Im Mai 2002 wurde die Außenfassade des Turmes durch Unterstützung des Dachdeckermeisters Hans Dabringhausen (Enkel des Turmerbauers Wilhelm Dabringhausen) erneuert. Weiterhin wurde eine neue massive Metalltür eingebaut.
In den Jahren 2004 und 2005 wurde der Turm für 42.000 EURO grundsaniert. Die neu eingebaute selbsttragende Treppenanlage mit 83 Stufen (vier Absätze à 17 Stufen und ein Absatz mit 15 Stufen) wurde von Architekt Wolf Dieter Klein konstruiert.
Im April 2005 wurde das Bauwerk im Rahmen einer Feierstunde vom Bürgermeister und dem Heimatverein wiedereröffnet.
Im September 2010 war das untere Mauerwerk stark von Gräsern und kleinen Pflanzen bedeckt.
2011 bis heute
Im Jahr 2015 wurde das Bauwerk aufgrund von Witterungsschäden für Besucher gesperrt. Eine Sanierung mit einem Kostenvolumen von rund 150.000 € wurde geplant. Ein Teil dieser Summe soll über Spenden finanziert werden, die vom Wiehler Heimatverein, u.a. durch Spendenboxen (in Form des Bismarckturms), gesammelt werden.
Das Heimatfest am Bismarckturm für das Jahr 2016 wurde im April 2016 abgesagt. Grund dafür waren lose Steine am Turmkörper. Im Mai 2016 wurde bekannt, dass die Sanierungskosten - aufgrund stärkerer Witterungsschäden als angenommen - ca. 500.000 € betragen werden.
Im Juni 2017 war das Bauwerk durch einen Bauzaun abgesperrt, um den Turmsockel befand sich eine Holzbalkenkonstruktion. Der Turm war stark sanierungsbedürftig, das Turmumfeld ungepflegt.
Im Sommer 2022 wurde der Sanierungsaufwand auf 150.000 € beziffert, der Heimatverein Wiehl rief zu Spenden auf.
Im August 2023 war der baufällige Turm weiterhin durch einen Bauzaun gesperrt. Die Sanierungskosten sollten nun bei 650.000 € liegen.
Öffnungszeiten (Stand: November 2024)
Der Bismarckturm Wiehl ist weiterhin nicht zugänglich.
Links
Koordinaten und Kartenmaterial
Spendenaufruf Bismarckturm Wiehl
Quellen
- Seele, Sieglinde: Lexikon der Bismarck-Denkmäler, Imhof-Verlag Petersberg, 2005, S. 407
- Seele, Sieglinde: Mannheim (Archiv Seele): BISMARCK-TURM von WIEHL (Nordrhein-Westfalen)
- von Bismarck, Valentin: Bismarck-Feuersäulen u. Türme (unveröffentlichtes Manuskript); Nr. 157 "Bismarck-Feuersäule bei Wiehl i. Rheinl.", 1900 - 1915, 1937 (im Archiv der Burschenschaft Alemannia, Bonn)
- Kleinmanns, Joachim: Rheinische Aussichtstürme des 19. und 20. Jahrhunderts, Dissertation Aachen 1986, S. 282-283, 374 (Nr. 91)
- Zeitschrift des Bismarck-Bundes: 7. Jahrgang 1909 (Nr. 7/8, S. 128)
- Hantzsche, Claudio: Die Bismarckwarte in Wiehl, Facharbeit im WP-II-Kurs Erdkunde Geschichte, Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium Wiehl, 14.12.2006
- Protokoll der Generalversammlung des Verschönerungsvereins Wiehl vom 19.01.1908 [Transkription durch Sieglinde Seele, Mannheim]
- Maße: Jörg Bielefeld, Leverkusen (September 2010), alle Abmessungs-Angaben ohne Gewähr
- Kölner Stadt-Anzeiger: 02.06.2002
- Kölnische Rundschau: 28.04.2002; 29.04.2002; 27.05.2002; 28.05.2002; 03.06.2002
- oberberg-aktuell.de: "Bismarckturm nach umfangreichen Sanierungen wieder begehbar" (22.04.2005)
- Anzeigen Echo Gummersbach: 02.05.2005
Bildmaterial
- Martina Hoffmann, Wiehl (April 2005)
- Jörg Bielefeld, Leverkusen (Oktober 2006, September 2010)
- Ralph Männchen, Dresden (Juni 2017)
- Richy Oelke, Kelkheim (Juni 2023)
Übersichtskarte Standort Bismarckturm
Der genaue Standort ist über die Links zu Google Maps / Google Earth (s.o.) zu finden.
Bildergalerie Bismarckturm Wiehl
Foto Plattform Bismarckturm Wiehl Oktober 2006
Foto vom Bismarckturm Wiehl Oktober 2006
Foto abgesperrter Bismarckturm Wiehl Juni 2023
Foto Turmkopf Bismarckturm Wiehl Juni 2023
Ansichtskartenmotive: Bismarckturm-Archiv Jörg Bielefeld, Leverkusen
Fotografien: Jörg Bielefeld, Leverkusen, ansonsten siehe jeweiliges Foto (Erlaubnis des Fotografen)
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Jörg Bielefeld, Leverkusen
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