Kassel

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Kassel 1905

Standort

Brasselsberg




Datenblatt


Höhe: 25,50 m

Kosten: 33.000 Mark

Einweihung: 02.09.1904

Foto Bismarckturm Kassel Mai 2014

Die höchste „Götterdämmerung“
Der Bismarckturm in Kassel


Vorbemerkung

Mit 25,50 m Höhe ist der Kasseler Bismarckturm der höchste von 47 Bismarcksäulen nach dem preisgekrönten Entwurf „Götterdämmerung“ des Architekten Wilhelm Kreis.


Bauplanung

1899-1901

Bei der Hauptversammlung der Ortsgruppe Kassel des Alldeutschen Verbandes am 13.04.1899 wurde die Errichtung einer Bismarcksäule in der Nähe von Kassel beschlossen.

Der Assessor Dr. jur. Franz Winterstein, 1. Vorsitzender der Ortsgruppe Kassel des Alldeutschen Verbandes, regte öffentlich am 08.02.1900 auf einer Versammlung den Bau der Kasseler Bismarcksäule an.

Es wurde ein geschäftsführender Ausschuss zur Errichtung einer Bismarcksäule in Kassel unter Vorsitz des Reichs- und Landtagsabgeordneten Dr. Endemann (später abgelöst durch den Kasseler Oberbürgermeister August Müller) gegründet. Der engere Ausschuss bestand aus zwölf Mitgliedern, der weitere Ausschuss aus 55 Mitgliedern stammte aus allen Kreisen der Kasseler Einwohnerschaft.

Am 24.04.1900 stellte der Ausschuss beim Regierungspräsidenten einen Antrag zur Genehmigung einer Haussammlung, der am 05.05.1900 genehmigt wurde. Bis September 1900 war das Spendenaufkommen zunächst schwach, sodass noch einmal an die Spendenfreude der Bürgerschaft appelliert wurde.

Als Turmstandort wählte man nach eingehender Diskussion innerhalb des Ausschusses von zehn möglichen Bauplätzen den Brasselsberg im Habichtswald (434 m über NN) aus. Weitere diskutierte Standorte waren "Am Lindenberg" bei Bettenhausen, der Kratzenberg bei Kassel, der Rammelsberg bei Wahlershausen, die Drei Linden in der Ochsenallee hinter Kirchditmold und der Enkeberg bei Wolfsanger. Bei der Endausscheidung blieben nur der Enke- und der Brasselsberg über. Für letzteren entschied man sich wegen der besseren Sichtbarkeit.

Nach einer durchgeführten Bauentwurfs-Ausschreibung bestimmte der Ausschuss zunächst den Entwurf des Architekten Epstein als Sieger-Entwurf, der zweite und dritte Preis wurde dem Architekten Fanghänel zuerkannt. Letztendlich entschied sich der Ausschuss für den von der deutschen Studentenschaft preisgekrönten Entwurf „Götterdämmerung“ des Architekten Wilhelm Kreis. Insgesamt waren 28 Entwürfe eingegangen.


1902-1903

Der Entwurf des Architekten Kreis wurde angekauft, eine finanzielle Unterstützung seitens der Stadt fand bis Ende 1902 nicht statt.

Am 06.08.1903 bat die Oberförsterei Kirchditmold bei Kassel, Distrikt 17, das Ministerium für Landwirtschaft in Berlin um Genehmigung zum Bau der Bismarcksäule. Im Antwortschreiben vom 18.09.1903 wurden der Bauplatz mit 1000 m² und ein vorgelagerter Festplatz auf eine Größe von 4300 m² zur unentgeltlichen Nutzung überlassen. Zudem wurde genehmigt, dass Basaltlesesteine zum Preis von 15 Pfennig pro m³ aus den Distrikten 17 und 18 und Bruchsteine aus dem Distrikt 56 der zuständigen Oberförsterei zum selben Preis abgegeben werden können.

Die Gesamtkosten für den Turmbau betrugen 32.500 Mark.


Bauarbeiten

Die Fundamentierungsarbeiten für den Turm wurden bereits im Jahr 1903 durchgeführt. Der eigentliche Baubeginn war der 15. Februar 1904.

Unter Leitung des Stadtbauamtes übernahm der Architekt F. Zahn jun. aus Kassel die Bauausführung.

Der Turm wurde zweischalig errichtet: Das Tragmauerwerk wurde aus Basaltsteinen, die Verblendung mit Tuffstein ausgeführt. Das Baumaterial wurde größtenteils auf dem Brasselsberg gewonnen. Die Treppenanlage wurde aus Basaltlava hergestellt. Die obere Plattform und die eingezogenen Decken wurden als Betondecken mit Eisenträgern konstruiert.

Im August 1904 konnten die Bauarbeiten beendet werden.
Auf eine Grundsteinlegung wurde verzichtet.

Knapp sieben Monate nach Baubeginn, am 02. September 1904 (Sedantag), konnte die nun fertig gestellte Bismarcksäule eingeweiht werden.


Turmbeschreibung

Als Basis des Aussichtsturmes mit Befeuerungsvorrichtung dient ein zweistufiges quadratisches Podest, welches auf einem 3,19 m tiefen Fundament ruht.

Die untere Podeststufe ist 13,46 m x 13,46 m und die obere Stufe 11,06 m x 11,06 m breit. Die beiden Podeststufen sind jeweils einen Meter hoch.

Darauf erhebt sich der quadratische Turmsockel mit einer Kantenlänge von 8,66 m x 8,66 m.

Eine 2,92 m lange Stein-Treppe mit zehn Stufen führt auf der Eingangsseite über die beiden Podeststufen zur Eingangstür.

Am Türsturz ist die Inschrift

BISMARCK,


auf der gleichen Turmseite oben zwischen den Säulenschäften ist ein ca. 2 m hohes Reichsadlerrelief angebracht.

Die vier Kanten des Schaftes bestehen - wie bei dem Entwurf "Götterdämmerung" typisch - aus Dreiviertelsäulen, die von einem Architrav mit dreistufigem Oberbau zusammengehalten werden.

Über eine Steintreppe mit 86 Stufen gelangt man ins obere Geschoss des Turmes in 15,48 m Höhe. Von dort aus geht es über 25 Stufen über eine eiserne Wendeltreppe zur quadratischen Aussichtsplattform mit einem Innendurchmesser von 4,92 m x 4,92 m.


Befeuerung

Die Säule sollte ursprünglich wie in anderen Städten an bestimmten Tagen zu Bismarcks Ehren befeuert werden. Ursprünglich sollte auf dem Turmkopf eine Feuerwanne mit einem Durchmesser von 3,20 m und 0,45 m Höhe installiert werden. Davon wurde aus unbekannten Gründen abgesehen.

Zwecks Befeuerung wurde die Aussichtsplattform letztendlich mit 40 abnehmbaren Feuerkästen (Länge je 0,60 m) bestückt. Jeder Kasten wurde mit 2 kg Rotfeuer gefüllt. Die Forstverwaltung untersagte jedoch wegen Waldbrandgefahr die geplante Befeuerung des Turmes.


Turmgeschichte

1904-1939

Am Freitag, den 02. September 1904 setzte sich um 15:00 Uhr aufgrund der Einweihung des Turmes ein Festzug von etwa 1.200 Personen von der Bergstraße aus in Richtung Bismarckturm in Bewegung. Nach einem Festakt am Aussichtsturm (16:00 Uhr) wurde die Einweihung bis zum Einbruch der Dunkelheit gefeiert.

Die Festrede hielt Realschul-Direktor Dr. Harnisch. Die Besucherzahl bei der Einweihungsfeier wurde in der Lokalpresse mit 8.000 – 9.000 angegeben. Die Feier verlief störungsfrei, obwohl einige Tage zuvor die „Hessische Rechtspartei“ Protestflugblätter wegen der Erniedrigung Hessens durch Bismarck seit 1866 verteilt hatte.

Bis in den späten Herbst 1904 wurde die Bismarcksäule sehr gut besucht. Im Frühjahr 1905 fehlten immer noch 5.000 Mark an den Gesamtkosten. Der Ausschuss stellte daraufhin einen Antrag an die städtischen Behörden, für den Fehlbetrag aufzukommen. Die Stadtverordnetenversammlung stimme diesem Antrag (bei vier Gegenstimmen) zu.

Bis zum Ersten Weltkrieg wurden am Turm regelmäßig am Sedantag Gedenkfeiern durchgeführt. Ab 1911/12 wurden an der Bismarcksäule jährlich zweimal die Bergfeste „Heimchen“ des Töchterheims am Brasselsberg gefeiert. Die Bergfeste wurden bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges durchgeführt.


1940-1967

In den letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges im Frühjahr 1945 erlitt der Turm einige Schäden an der Brüstung, sodass der Turm für Besucher gesperrt wurde. Erst im Frühjahr 1951 konnten die Schäden für ca. 400 Mark von Mitarbeitern der Stadtbauverwaltung ausgebessert wurden.

Das Bauwerk wurde ab dem 01.05.1947 offiziell in Brasselsbergturm umbenannt. Im amtlichen Straßenverzeichnis von 1947 und auf damaligen Plänen wird der Turm mit diesem Namen bezeichnet. Bereits wenige Jahre später wurde er auf Land- und Straßenkarten wieder Bismarckturm genannt. In der Kasseler Bevölkerung hatte sich der neue Name nicht durchgesetzt.

Am 28. Mai 1962 um 18:40 Uhr wurde der Turm durch Blitzschlag bei einem Gewitter beschädigt. Einige Steinbrocken der Balustrade auf der Nordwestseite lösten sich und fielen in die Tiefe. Der Turm wurde daraufhin wegen Einsturzgefahr gesperrt.

Das Bauwerk war im Juli 1965 durch eine beschädigte Holztür mit gewaltsam entferntem Schloss betretbar.

Erst fünf Jahre später, im April 1967, konnte das Bauwerk nach Durchführung von Maurer-, Beton- und Schlosserarbeiten wiedereröffnet werden. Die Kosten betrugen insgesamt 23.000 DM, davon wurden 10.000 DM von einigen Kasseler Firmen gespendet, 13.000 Mark gab die Stadt Kassel zur Sanierung dazu.

Die Betreuung der Bismarcksäule übernahm ab sofort der Hessisch-Waldeckische Gebirgs- und Heimatverein.


1968-2008

Vom 23.01. bis 22.03.1992 richtete der Künstler Wolfgang Heinrich Fischer aus Berlin einen starken 30 Watt Argon-Gas-Laser (blau-grün, ~501 nm) vom 6 km entfernten Museum für Sepulkralkultur auf den Kasseler Bismarckturm, um auf das Projekt „Wahrzeichen Reichstag“ (Licht–Klang–Skulptur für den Deutschen Bundestag) aufmerksam zu machen.

Wegen Vandalismusschäden musste das Bauwerk im Jahre 1995 wiederum für Besucher gesperrt werden.

Ab August 1996 konnten die beschädigte Turmkrone und der Turmschaft für 400.000 DM durch den Eigentümer (Land Hessen, vertreten durch Hessen Forst) saniert werden. Ausführende Firmen waren Steinmetz & Krieger aus Kassel, Torkret AG aus Kassel sowie die Kunstschmiede W. Hill aus Espenau.

Teilweise wurde der Turm außen mit neuen Tuffsteinblöcken verblendet, ein neues schmiedeeisernes Eingangstor wurde eingesetzt.

Am 10. Oktober 1997 wurde der sanierte Bismarckturm dem hessischen Forstamt Kassel übergeben und war bis Mitte 2008 durchgehend geöffnet.

Am 02. September 2004 wurde die Bismarcksäule 100 Jahre alt. Das Jubiläum wurde an diesem Tag direkt am Turm im kleinen Rahmen gefeiert. .

Eine Landschaftstafel auf der Aussichtsplattform wurde bei dieser Feier eingeweiht. In den Gemeinderäumen der Emmauskirche am Brasselsberg organisierte Bernhard Rüffert aus Kassel eine mehrwöchige Ausstellung zur Turmgeschichte. Prof. Dr. Herbert Kemler hielt am 02.09.2004 in den Ausstellungsräumen einen Vortrag zum Thema "Die Wacht am Brasselsberg - 100 Jahre Bismarckturm"


2009 bis heute

Im Jahr 2010 wurde das wegen Treppenschäden seit Mitte 2008 für Besucher gesperrte Bauwerk für 90.000 € vom Land Hessen saniert. Bei diesen Maßnahmen wurde eine neue Edelstahltreppe mit 120 Stufen eingebaut.

Seit Oktober 2010 ist der Bismarckturm auf dem Brasselsberg wieder täglich 24 Stunden geöffnet.

Zur 1100-Jahr-Feier der Stadt Kassel im Jahr 2013 fanden mehrere Aktivitäten am Bismarckturm Kassel statt.

Am 08.06.2013 wurde das Bauwerk nach Einbruch der Dämmerung illuminiert, am 13.06.2013 um 19:00 Uhr fand ein Bergfest am Bismarckturm mit Benefizkonzert statt.


Öffnungszeiten (Stand: Juli 2024)

Der Bismarckturm ist täglich 24 Stunden geöffnet.


Trivia

In den "Hessischen Blättern" erschien auf Seite 1 der Ausgabe am 27.08.1904 ein Protest gegen den Bismarckturm. Hintergrund dieser kleinen Gegenbewegung waren die sog. Althessen, die Otto von Bismarck die Annexion Kurhessens, Hannovers, Nassaus und Frankfurts durch Preußen im Jahr 1866 nicht verziehen.

Ende August 1904 verteilte die Hessische Rechtspartei Flugblätter und wies auf die "Erniedrigung" hin, die "für uns Hessen mit dem Namen Bismarck verknüpft ist".

Diese Kritik der lokalen Patrioten eine Woche vor der Turm-Einweihung verhallte ungehört, Protestaktionen bei der Einweihung oder später sind nicht bekannt.


Links

Google Maps

Koordinaten und Kartenmaterial

www.wahrzeichen.de (Wahrzeichen Reichstag)


Quellen

- Seele, Sieglinde: Lexikon der Bismarck-Denkmäler, Imhof-Verlag Petersberg, 2005, S. 220
- von Bismarck, Valentin: Bismarck-Feuersäulen u. Türme (unveröffentlichtes Manuskript); Nr. 105 "Bismarck-Feuersäule bei Cassel", 1900 - 1915, 1937 (im Archiv der Burschenschaft Alemannia, Bonn)
- Zeitschrift des Bismarck-Bundes, 2. Jahrgang 1904 (Nr. 6, S. 2; Nr. 9, S. 2; Nr. 11/12, S. 9), 3. Jahrgang 1905 (Nr. 2, S. 6; Nr. 5, S. 7), 5. Jahrgang 1907 (Beilage: „Die Bismarck-Feuersäule“)

- Deutsche Zeitung, Nr. 89 vom 16.04.1899

- Illustrirte Zeitung Nr. 3002 vom 10.01.1901, S. 59

- Hessische Blätter vom 27.08.1904
- Deutsche Bauzeitung, 38 (1904), S. 484
- Viehmann, Dorothea: "Der Bismarckturm auf dem Brasselsberg im Habichtswald", in: Heimatbrief des Heimatvereins Kassel-Niederzwehren e.V., 23. Jg. 1979, Nr. 2 ; "80 Jahre Bismarckturm auf dem Brasselsberg", 28. Jg. 1984; Nr. 3
- Kemler, Herbert: "Die Wacht am Brasselsberg - 100 Jahre Bismarckturm in Kassel", Vortrag vom 02.09.2004 (Manuskript der Rede)

- HNA vom 15.04.1967; 07.09.2004

- Hessische Allgemeine vom 16.07.1997; 29.07.1997


Fotos

- Jörg Bielefeld, Leverkusen (März 2001, September 2003)
- Bernhard Rüffert, Kassel (September 2004, November 2012, Juni 2013, November 2019)
- Lars Lenzner, Hückeswagen (Mai 2013)

- Hans-Dieter Hirschmann, Haßloch (Mai 2014)

- Richy Oelke, Kelkheim (April 2018)

- Stephan Weinholz, Halle (Dezember 2023)

Übersichtskarte Standort Bismarckturm

Der genaue Standort ist über die Links zu Google Maps / Google Earth (s.o.) zu finden.

Bildergalerie Bismarckturm Kassel

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Kassel 1905

Foto Gerüst Bismarckturm Kassel Frühjahr 1904

Foto Bismarckturm Kassel 1909

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Kassel undatiert

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Kassel 1907

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Kassel 1905

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Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Kassel 1907

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Kassel 1906

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Kassel 1905

Ansichtskartenmotiv Bismarckturm Kassel 1907

Foto Bismarckturm Kassel März 2001

Foto Bismarckturm Kassel März 2001

Foto Bismarckturm Kassel Befeuerung Juni 2013

Foto Bismarckturm Kassel November 2019

Foto Bismarckturm Kassel Mai 2013

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Foto Bismarckturm Kassel November 2019

Foto Bismarckturm Kassel Mai 2013

Foto Bismarckturm Kassel neue Spindeltreppe Mai 2014

Foto Bismarckturm Kassel Mai 2013

Foto Bismarckturm Kassel Innentreppen September 2003

Foto Bismarckturm Kassel Turmjubiläum September 2004

Foto Bismarckturm Kassel April 2018

Foto Bismarckturm Kassel (Spindeltreppe) April 2018

Foto Bismarckturm Kassel April 2018

Foto Bismarckturm Kassel (Detail) April 2018

Foto Bismarckturm Kassel (Plattform) April 2018

Foto Bismarckturm Kassel Dezember 2023

Foto Reichsadlerrelief Bismarckturm Kassel Dezember 2023

Foto Bismarckturm Kassel Dezember 2023

Ansichtskartenmotive: Bismarckturm-Archiv Jörg Bielefeld, Leverkusen

Fotografien: Jörg Bielefeld, Leverkusen, ansonsten siehe jeweiliges Foto (Erlaubnis des Fotografen)

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